Es ist die Pfaltz am Rhein / oder die Vndere
Pfaltz / vor vier / oder fünffthalbhundert Jahren / in der
Gegenheit vmb Heydelberg / nicht gewesen. Dann was vor
Länder / vnd Stätte / darumbligen / vnd jetzt zur Pfaltz gerechnet
werden / die haben zum wenigsten Theil den Herren Pfaltzgrafen;
sondern entweders dem Reich; oder etlichen Ertz: vnd Stifftern / als
Meintz / Wormbs / Speyer etc. vnd den Aebbten; oder den Hertzogen
in Francken vnd Schwaben; oder den Land: vnd Marggrafen / Hessen / vnd Baden;
auch andern Grafen / Herren / vnnd Edelleuthen / gehört; so aber folgents / durch Kauff /
Heurat / Krieg / vnd in andere weg / nach vnd nach / auch Pfandtweise / an Sie / die Herren
Pfaltzgrafen / kommen seyn. Man findet in diesem Lande / was dem Menschen zur
Leibsnahrung / vnd Auffenthaltung / noth ist. An den Bergen wächst sonderlich guter Wein /
vnd Castanien. Die Thäler seynd mit mancherley Obstgärten gezieret. Die Ebne
bringet allerley Kornfrüchten. Die Wäld / vnd Berge lauffen voll Hirsch / vnd andern
wilden Thiere. Es ziehen auch die Einwohner viel Geissen in Bergen / vnd Wälden. Im
Necker / der mitten durch die Pfaltz laufft / wird alle Jahr ein grosse Anzahl Fisch
gefangen / vnnd besonders Barben. Es hat solches Lande vom Abend das Zweybrüggische
Fürstenthumb; gegen Morgen Franckenland / vnd Württenberg; gegen Mitternacht den
Mayn / vnd Odenwald; vnd gegen Mittag / das Elsaß.
Es gehören zu der Pfaltz vil Ort im Craichgöw / von welchem Lande / in Beschreibung Schwaben / ausser der Pfältzischen Orth / so allhie vnden einkommen / gehandelt worden ist.
So seind auch der Pfaltz feine Plätz / im Odonowald / oder Odenwald / zuständig; welches Ländlein auch von Theils / aber vnrecht Ottenwald genennet wird / vnd der Braite nach vom Necker biß an den Mayn gehet; aber nach der Länge bey der Bergstrasse sich anfahet / vnd gegen Orient / biß an die Tauber / oder an das Franckenland stosset; vnd an der Bergstrassen / da sein Gebürg ein Ende hat / auß der massen / besonders am Wein / fruchtbar ist; deßgleichen an der Tauber / vnd vmb Heltbrunn / gegen Mittag / wie Munsterus schreibet. Es haben Theil daran / ausser Pfaltz / auch Meyntz / Würtzburg / die Grafen von Hohenlohe / vnd Erpach: wiewol theils die von Erpach nur allein setzen. Besihe von diesem Lande / vnd dem Vrsprung deß Nahmens / Freherum part. 2. Origin. Palat. c. 6. Es ligen / neben andern Orthen / auch darinn die Clöster Amorbach / Benedictiner; Schönthal / S. Bernhardi Ordens; vnd das vberauß schöne / reiche / vnd herrliche etwan geweste Closter Schönau / zu ende deß Odenwalds / davon vnten. In einer geschriebnen Verzeichnuß stehet / daß nicht weit von besagtem Closter Schönaw / hinten in Odenwald hinein / ein Orth / zum falschen Aid; vnd nicht weit davon / in einem sehr tieffen Thal / ein anderer / vnd erschröcklicher Orth / zu den vbeln Wassern genant / seye; von welchen beeden sonderbare Geschichten erzehlet werden.
Ferners so hat vor dem jetzigen Krieg der gröste Theil der Bergstrassen zu der Pfaltz gehört. Es wirdt aber solche Straß / Lateinisch Strata montana, das ist / ein Weg der Berge genant / von welcher Gegend obgedachter Freherus part. 1. Origin. Palat. cap. 6. weitläuffig handelt; auch part. 2. c. 5. etlicher Orth derselben gedencket / vnd saget / daß solche noch von den Römern / vnter den Käysern Probo, Gratiano. vnd Valentiniano, erbawet
Matthäus Merian: Topographia Hassiae. Frankfurt am Mayn: Matthäus Merians Erben, 1655, Seite XIX. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Hassiae_272.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)