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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

nicht auf der Seite der handelnden Person ist, aus welchen man erkennt, wie sehr wir Pflichtmäßigkeit über Zweckmäßigkeit, Einstimmung mit der Vernunft über die Einstimmung mit dem Verstande erheben.

Ueber keine moralische Erscheinung aber wird das Urtheil der Menschen so verschieden ausfallen, als gerade über diese, und der Grund dieser Verschiedenheit darf nicht weit gesucht werden. Der moralische Sinn liegt zwar in allen Menschen, aber nicht bey allen in derjenigen Stärke und Freiheit, wie er bei Beurtheilung dieser Fälle vorausgesetzt werden muß. Für die Meisten ist es genug eine Handlung zu billigen, weil ihre Einstimmung mit dem Sittengesetz leicht gefaßt wird, und eine andere zu verwerfen, weil ihr Widerstreit mit diesem Gesetz in die Augen leuchtet. Aber ein heller Verstand und eine von jeder Naturkraft also auch von moralischen Trieben (insofern sie instinktartig wirken) unabhängige Vernunft wird erfodert, die Verhältnisse moralischer Pflichten zu dem höchsten Princip der Sittlichkeit

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_118.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)