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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

wechseln, unser eigenes Ich seinem Zustande augenblicklich unterzuschieben fähig seyn. Wie ist es aber möglich, den Zustand eines Andern in uns zu empfinden, wenn wir nicht Uns zuvor in diesem Andern gefunden haben?

Diese Aehnlichkeit geht auf die ganze Grundlage des Gemüths, in so fern diese allgemein und nothwendig ist. Allgemeinheit und Nothwendigkeit aber enthält vorzugsweise unsre sittliche Natur. Das sinnliche Vermögen kann durch zufällige Ursachen anders bestimmt werden; selbst unsre Erkenntnißvermögen sind von veränderlichen Bedingungen abhängig; unsre Sittlichkeit allein ruht auf sich selbst, und ist eben darum am tauglichsten, einen allgemeinen und sichern Maasstab dieser Aehnlichkeit abzugeben. Eine Vorstellung also, welche wir mit unsrer Form zu denken und zu empfinden übereinstimmend finden, welche mit unsrer eignen Gedankenreihe schon in gewisser Verwandtschaft steht, welche von unserm Gemüth mit Leichtigkeit aufgefaßt wird, nennen wir wahr. Betrift

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_206.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)