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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

unterscheidet sie von den übrigen Gattungen der Dichtkunst, welche bloß erzählen oder beschreiben. In Tragödien werden die einzelnen Begebenheiten im Augenblick ihres Geschehens, als gegenwärtig, vor die Einbildungskraft oder vor die Sinne gestellt; unmittelbar, ohne Einmischung eines dritten. Die Epopee, der Roman, die einfache Erzählung rücken die Handlung, schon ihrer Form nach, in die Ferne, weil sie zwischen den Leser und die handelnden Personen den Erzähler einschieben. Das Entfernte, das Vergangene schwächt aber, wie bekannt ist, den Eindruck und den theilnehmenden Affekt; das Gegenwärtige verstärkt ihn. Alle erzählende Formen machen das Gegenwärtige zum Vergangenen; alle dramatische machen das Vergangene gegenwärtig.

Die Tragödie ist zweytens Nachahmung einer Reihe von Begebenheiten, einer Handlung. Nicht bloß die Empfindungen und Affekte der tragischen Personen, sondern die Begebenheiten, aus denen

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_216.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)