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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

großen Grad von Pathos erwecken. Ein durchaus sinnliches Subjekt ohne Sittlichkeit, und solche, die ihm nähern, sind zwar des fürchterlichsten Grades von Leiden fähig, weil ihre Sinnlichkeit in überwiegendem Grade wirkt, aber von keinem sittlichen Gefühl aufgerichtet, werden sie diesem Schmerz zum Raube – und von einem Leiden, von einem durchaus hülflosen Leiden, von einer absoluten Unthätigkeit der Vernunft wenden wir uns mit Unwillen und Abscheu hinweg. Der tragische Dichter giebt also mit Recht den gemischten Karakteren den Vorzug, und das Ideal seines Helden liegt in gleicher Entfernung zwischen dem ganz verwerflichen und dem vollkommenen.

Die Tragödie endlich vereinigt alle diese Eigenschaften, um den mitleidigen Affekt zu erregen. Mehrere von den Anstalten, welche der tragische Dichter macht, ließen sich ganz füglich zu einem andern Zweck, z. B. einem moralischen, einem historischen u.a. benutzen;

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_224.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)