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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

     Du füllst mit Gluth des Dichters Herz,
hebst seine Seele sonnenwärts,

15
voll Ahndung fliegt der trunkne Geist

die Bahnen, die dein Wink ihm weist.

     Du riefst aus todtem Holz hervor
den Zauberton, der durch das Ohr
mit Harmonie die Seele füllt,

20
Entzücken schafft, und Wunden stillt.


     Das, was der vollen Brust entfließt,
dem fernen Freund verständlich ist,
daß wir, getrennt, doch nah uns sind,
das lehrtest du uns, Götterkind.

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     Mir zauberte, durch dich belebt,

so schön – des Urbilds Seele schwebt
um Auge, Stirne, Mund und Kinn –
der Künstler dieses Bildniß hin.

     Das ist im unwirthbaren Hayn,

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dem Wandrer irrend und allein

der erste Lichtstral, der erscheint,
was mir der liebe stumme Freund!

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 386. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_386.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)