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     Wie ehrfürchtig vor der jungfräulichen Schönheit strich seine Hand über ihre Wange, über ihr seidenweiches Haar. Dann überkam’s ihn wie ein Uebermuth des Glückes, und er erzählte von seinem Reiseabenteuer, von den alamodisch aufgeputzten Frauenzimmern und wie übel ihm der neue Tanz bekommen sei; und da sie lachte, sprach er neckend: »Was meinst Du, Liebste, wenn wir beide erst unter all den zieren Puppen tanzen?« 

     Aber sie schlug die Augen angstvoll zu ihm auf: »Nein, nein; was sagst Du, Hinrich?« 

     Er sah sie lang und zärtlich an: »Nichts, Bärbe; aber ich halte Dich; Du darfst Dich nicht so fürchten!« 

     Da scholl der Anschlag großer Hunde aus dem Walde; Owe Heikens kam mit seinem Knechte wieder heim. Aber das Gemach war leer, als er hineintrat, und nur die Hunde gingen spürend hin und wieder.




Am Sonntage danach war, wie immer, das schwere herrschaftliche Fuhrwerk mit den rothen Rädern an der Kirche aufgefahren; die Rappen standen angebunden an den Eisenringen der Kapellenmauer. Drinnen hielt der Pastor eine scharfe Predigt wider die Schwarmgeister und Wiedertäufer, die drüben in der Stadt aufs neue ihr Unwerk auszubreiten suchten; er schien sie gar leibhaftig vor sich zu haben, denn er riß das schwarze Käppchen von seinem grauen Haupt und

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Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_049.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)