Maria Janitschek: Stummer Kampf | |
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Die Andern waren schon versammelt, als Thorwalt’s mächtige Gestalt unter der Thüre erschien. Er bot ihnen seinen Gruss und nahm am Kopfende des Tisches Platz. Die Andern liessen sich ebenfalls nieder. Dann begann man zu essen. Der Stuhl zur Rechten des Greises war unbesetzt. Links von ihm sass eine wie aus grobem Eisen gehärtete Gestalt, sein Sohn Ulf, diesem gegenüber dessen Gattin, ein starkknochiges Bauernweib mit herbem, verschwiegenem Gesichte. Neben sich hatte sie ihre beiden Töchter. Die Reihe der Mägde eröffnete ein ganz junges Dirnlein. Gegenüber sassen Ulf’s Knaben und die Knechte.
Es wurde wenig beim Mahle gesprochen und das Wenige mit leiser, flüsternder Stimme. Die weite, gewölbte, fast hallenartige Stube, in deren Hintergrund das Feuer auf einem riesigen Herde flackerte, besass nicht das geringste Schmuck- oder Zierstück. Die braungeräucherten Wände waren kahl, das kleine Fenster, das auf das grünliche Wogenspiel der See hinaussah, ohne Vorhang. Nur Tisch und Stühle und ein mächtiger Schrank befanden sich in dem Raume, der sein Licht hauptsächlich von dem grossen Feuer auf dem Herde erhielt. Von draussen liess sich das Pfeifen des Windes vernehmen.
»Hast du die Boote festlegen lassen?« fragte der Alte. »Es wird eine unruhige Nacht geben.«
»Ja, Vater, die Boote sind festgelegt.« Der Sohn schob den Löffel zurück.
»Die Gerste ist in der Scheune untergebracht?«
»Ja, sie ist in der Scheune untergebracht.«
»Hat Lomblad die Bretter geschickt?«
»Nein.«
»Weshalb nicht, da ich sie doch bestellt habe?«
»Der Junge war nicht anwesend und der Alte –«
»Was?«
Maria Janitschek: Stummer Kampf. Wiener Rundschau, Wien 1. März 1897, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Stummer_Kampf_(Janitschek).djvu/001&oldid=- (Version vom 31.7.2018)