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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

durch einen unglücksvollen Spalt mich scheidet,
der zwischen meinen königlichen Gram
und eines Freundes offne Brust sich lagert,
der mir die Träne zum Verbrechen macht,
die ich so gern an[1] seinem Halse weinte! – –
Einsiedlern auf einem öden Tron,
auf welchen nie das Mitleid mich begleitet,
wo nichts als sklavische Verehrung mir
nach einer hergebrachten Formel räuchert,
mein Herz umsonst nach einem Herzen lechzt –
Die Puppe des tirann’schen Hofgebrauches,
der eure Fürsten wie vergiftete
Tarandeln hütet, eure Königinnen
wie Mumien vor der Berührung schüzt,
wo find ich, was ich suche? – eine Seele,
die sich vertraulich an die meine schmiegte?

(Der Marquis nimmt hier Gelegenheit das Gespräch auf ihre Situation mit dem König – auf die Jahre ihrer frühen Jugend – auf ihre Bekanntschaft mit dem Prinzen zu lenken. Sie zeigt ihm überall – ausgenommen in Betreff des Prinzen – die vertrauteste Offenherzigkeit. Er erzählt ihr die Geschichte des leztern und ihre eigene unter einer fremden Einkleidung, wodurch sie merklich beunruhigt wird. Der Schluß dieser Erzählung ist, daß die Königin, von dem lebhaftesten Antheil dahingerissen, die Empfindungen ihres Herzens verräth. Der Marquis gibt dem Prinzen das Zeichen, und zum Schrecken der Königin tritt der leztere auf. Jener zieht sich in die Eremitage zurück, die Damen der Königin unter der Zeit zu beschäftigen.)



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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft1_136.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)