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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

vorbehalten. Die Statue schwebt – alle Muskeln wirken aufwärts, und scheinen sie sichtbar empor zu tragen. Der Künstler ergriff den Augenblick, wo der zürnende Gott auf den Drachen Python einen Pfeil abgeschossen hatte. Der rechte Arm fliegt eben vom Bogen zurück, der linke behält noch einige Härte und Spannung. – Im Auge ist hoher Unwille und feste Zielung, in der hervortretenden Unterlippe Verachtung des Ungeheuers, in dem schlank gestreckten Halse Triumph und göttliche Ehre.

Das ist Foebos, welchen die Götter im Hause Cronions
fürchten, dem sie sich alle von ihren Sizen erheben,
wenn er sich naht, und wenn er spannt den stralenden Bogen.

Homers Hymnen.

In Absicht des Stils kann dieser Apollo dem Torso und Laokoon nachgesezt werden, aber der gefühlvolle Kenner vergißt diese Vernachläßigung im Genusse höherer Schönheit.

Eine der vorzüglichsten Statuen, ist ein sterbender Sohn der Niobe, den Apollo erschossen hat. Der Kopf gleicht ganz in die Niobische Familie – edel und rührend ist der Ausdruck des Sterbens in seinem Gesichte; die Brust besonders ist in großen und schönen Maßen emporgetrieben, der untere Leib sinkt mit sehr vieler Wahrheit unter den lezten Krämpfen des Todes. Der Stil ist markigt, und hat mit dem äußerst delikaten Stil des Kastor und Pollux sehr viel ähnliches.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft1_181.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)