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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Ich sah die Zeit nach deinen Ufern fliegen,
     die blühende Natur
blieb hinter ihr, ein welker Leichnam, liegen,
Kein Todter kam aus seiner Gruft gestiegen,

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     und fest vertraut’ ich auf den Götterschwur.


All meine Freuden hab ich dir geschlachtet,
     jezt werf ich mich vor deinen Richtertron.
Der Menge Spott hab ich beherzt verachtet,
nur deine Güter hab ich groß geachtet,

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     Vergelterin, ich fodre meinen Lohn.


„Mit gleicher Liebe lieb ich meine Kinder,
     rief unsichtbar ein Genius.
Zwei Blumen, rief er – hört es Menschenkinder –
Zwei Blumen blühen für den weisen Finder,

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     sie heißen Hofnung und Genuß.


„Wer dieser Blumen Eine brach, begehre
     die andre Schwester nicht.
Genieße wer nicht glauben kann. Die Lehre
ist ewig wie die Welt. Wer glauben kann, entbehre.

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     Die Weltgeschichte ist das Weltgericht.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft2_068.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)