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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält

Konrad. Schwach! stark! Also blendet auch dich die verjährte Ungerechtigkeit? Dürfen wir, die Großmüthigen und Starken, uns dieser Ungleichheit, wenn sie da ist, überheben? Uebermuth war es und Mißbrauch, der uns größere Rechte gab, als ihnen.

Heinrich. Konrad, du wirst ein Gesetz nicht zerstören, von dem die ganze Schöpfung zeugt: Das Recht wohnt bei dem Starken. Wir können ihnen niemals gleiche Kräfte geben, unsre Rechte zu gebrauchen. Das Weib steigt nicht durch die Erniedrigung des Mannes. Mit ihm sinkt sie unter sich selbst, und auf der unnatürlichen Höhe, wohin Ihr sie stellt, kann sie nichts als schwindeln. – O Konrad, waren die unvergeßlichen Worte, das letzte Vermächtniß unsers grauen Lehrers, eine Prophezeihung über dich?

Konrad. Welche Worte?

Heinrich. Du hast die Zeit nicht vergessen, da wir beide an schweren Wunden darnieder lagen bei dem Einsiedler am Fuße des Brocken. Er übernahm unsre Heilung, und stärkte mit seinen Reden voll hoher Weisheit unsern Geist. Aus seiner Zelle sah er der Welt und ihrem Getümmel zu. Noch hör' ich ihn diesen Orakelspruch


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft5_019.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)