Seite:De Thalia Band2 Heft6 089.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält

schien ihm eine Aufforderung zu seyn, es in seiner Person zu widerlegen. Dazu kam noch die Sonderbarkeit in seinem Charakter, daß ihn jede Aufmerksamkeit verdroß, die er seinem Stande und nicht seinem persönlichen Werth danken zu müssen glaubte. Vorzüglich empfand er diese Demüthigung in Gegenwart solcher Personen, die durch ihren Geist glänzten, und durch persönliche Verdienste gleichsam über ihre Geburt triumphirten. In einer solchen Gesellschaft sich als Prinz unterschieden zu sehen, war jederzeit eine tiefe Beschämung für ihn, weil er unglücklicherweise glaubte, durch diesen Namen schon von jeder Concurrenz ausgeschlossen zu seyn. Alles dieses zusammen genommen überführte ihn von der Nothwendigkeit, seinem Geist die Bildung zu geben, die er bisher verabsäumt hatte, um das Jahrfünftel der witzigen und denkenden Welt einzuhohlen, hinter welchem er so weit zurückgeblieben war. Er wählte dazu die modernste Lektüre, der er sich mit allem dem Ernste hingab, womit er alles, was er vornahm, zu behandeln pflegte. Aber die schlimme Hand, die bei der Wahl dieser Schriften im Spiele war, ließ ihm unglücklicherweise immer auf solche stoßen, bei denen seine Vernunft und sein Herz wenig gebessert war. Und auch hier waltete sein Lieblingshang vor, der ihn immer zu allem, was nicht begriffen werden soll, mit unwiderstehlichem

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft6_089.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)