den Tee trank man ohne sie, und als man sich zum Abendessen setzte, war die Mama sehr unruhig und weinte. Nachts suchte man wieder im Dorfe und ging mit Laternen zum Fluß. Mein Gott, das war eine Unruhe!
Am andern Tag kam der Polizeiwachtmeister gefahren, und im Eßzimmer wurde irgendein Papier aufgesetzt. Die Mama weinte.
Da hielt aber schon vor der Haustür ein breiter Schlitten, und vom weißen Dreigespann stieg dichter Nebel auf.
„Wolodja ist gekommen!“ rief jemand auf dem Hofe.
„Woloditschka ist gekommen!“ schrie Natalja, ins Eßzimmer stürzend.
Auch Mylord brüllte „Wau! wau!“ Es stellte sich heraus, daß man die Jungens in der Stadt, im Kaufhause angehalten hatte (sie gingen von Laden zu Laden und fragten überall, wo man Schießpulver kaufen könne). Als Wolodja in den Flur trat, fiel er der Mutter um den Hals und brach in Tränen aus. Die Mädchen zitterten und dachten mit Schrecken, was jetzt wohl kommen würde. Sie hörten, wie der Papa sich mit Wolodja und Tschetschewizyn auf sein Zimmer zurückzog und mit ihnen lange sprach; auch die Mama redete und weinte.
„Darf man denn das?“ ermahnte der Papa. „Wenn man es, Gott behüte, im Gymnasium erfährt, relegiert man euch beide. Sie sollten sich schämen, Herr Tschetschewizyn! Es ist nicht schön! Sie sind der Rädelsführer, und ich hoffe, daß Ihre Eltern Sie bestrafen werden. Darf man denn das? Wo habt ihr übernachtet?“
„Auf dem Bahnhofe!“ erwiderte Tschetschewizyn stolz.
Wolodja mußte liegen und bekam Essigkompressen um den Kopf. Man telegraphierte irgendwohin, und am nächsten Tag
Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. München: Musarion, 1920, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/017&oldid=- (Version vom 31.7.2018)