seiner eigenen Gedanken; Trauer und etwas wie Schreck zeigten sich in seinen großen, unbeweglichen Augen. Wahrscheinlich dachte er jetzt an den Tod, der vor so kurzer Zeit seine Mutter und den Onkel Ignatij geholt hatte. Der Tod bringt die Mutter und die Onkels ins Jenseits, ihre Kinder und Geigen bleiben aber auf der Erde zurück. Die Toten wohnen im Himmel, irgendwo bei den Sternen und blicken von dort auf die Erde herab. Ob sie die Trennung ertragen können?
– Was soll ich ihm sagen? – dachte sich Jewgenij Petrowitsch. – Er hört mir gar nicht zu. Offenbar hält er weder seine Vergehen, noch meine Gründe für wichtig. Wie soll ich es ihm klar machen? –
Der Staatsanwalt erhob sich und fing an, auf- und abzugehen.
– Früher, zu meiner Zeit, wurden solche Fragen höchst einfach gelöst, – dachte er sich. – Jeder Junge, den man beim Rauchen erwischte, bekam seine Tracht Prügel. Die Kleinmütigen und Feigen gaben dann das Rauchen wirklich auf, die Klügeren und Tapferen fingen aber nach der Strafe an, den Tabak im Stiefelschaft zu verwahren und in der Scheune zu rauchen. Und wenn man so einen in der Scheune erwischte und wieder bestrafte, so rauchte er von nun an am Fluß… und so ging es, bis der Junge heranwuchs. Meine Mutter beschenkte mich, um mich vom Rauchen abzuhalten, mit Geld und Süßigkeiten. Heute erscheinen aber alle diese Mittel als nichtig und unmoralisch. Der moderne Pädagog stellt sich auf den Boden der Logik und bemüht sich, daß das Kind sich die guten Prinzipien nicht aus Angst, nicht aus dem Bestreben, sich auszuzeichnen oder belohnt zu werden, sondern bewußt zu eigen mache. –
Während er auf- und abging und dachte, war Sserjoscha
Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/069&oldid=- (Version vom 31.7.2018)