den sie den Tag über geführt, nur ein Spiel, eine Komödie gewesen wäre…
Nehmen wir auch an, daß ich gekämpft habe, dachte sie, aber was ist denn das für ein Kampf! Auch die, die sich verkaufen, kämpfen vorher und verkaufen sich doch! Ein hübscher Kampf: wie die Milch, in einem Tage geronnen! In einem Tage! –
Sie bezichtigte sich auch dessen, daß nicht ein wahres Gefühl sie aus dem Hause lockte, nicht die Persönlichkeit Iljins, sondern die Sucht nach den Empfindungen und Reizen, die sie in Zukunft erwarteten… Eine Sommerfrischlerin, „die sich amüsieren will,“ wie es deren ja viele gibt…
Hinterm Fenster auf der Straße hörte man einen Tenor singen.
Wenn ich gehen soll, so ist es jetzt Zeit! dachte Ssofja Petrowna. Das Herz klopfte ihr plötzlich mit fürchterlicher Gewalt.
„Andrej!“ schrie sie beinahe. „Hör’, wir… fahren doch? Ja?“
„Ja… Ich hab’ dir doch gesagt: fahr’ allein!“
„Aber hör’…“ sprach sie, „wenn du nicht mit mir fährst, so riskierst du, mich zu verlieren! Ich glaube, ich bin schon… verliebt!“
„In wen denn?“ fragte der Notarius.
„Das muß dir gleich sein, in wen!“ antwortete Ssofja Petrowna.
Andrej Iljitsch erhob sich, ließ die Beine herabhängen und betrachtete staunend die dunkle Gestalt seiner Frau.
„Phantasien!“ gähnte er.
Er glaubte nicht recht daran, erschrak aber doch. Nachdem er etwas nachgedacht und der Frau einige unwesentliche Fragen
Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/118&oldid=- (Version vom 31.7.2018)