„Laßt mich, ich will selbst kutschieren! Ich setz’ mich neben den Kutscher!“ sagte Ssofja Lwowna laut. „Kutscher, halt, ich setz’ mich zu dir auf den Bock.“
Sie stand im Schlitten, und ihr Mann Wladimir Nikitytsch und ihr Jugendfreund Wladimir Michailytsch hielten sie an den Händen, damit sie nicht umfalle. Die Troika raste schnell dahin.
„Ich sagte doch, daß man ihr keinen Kognak geben sollte,“ flüsterte Wladimir Nikitytsch seinem Begleiter zu. „Was bist du für ein Mensch!“
Der Oberst wußte aus Erfahrung, daß bei solchen Frauen, wie seine Ssofja Lwowna eine war, der stürmischen, ein wenig ausgelassenen Lustigkeit gewöhnlich ein hysterisches Lachen und dann Tränen folgten. Er fürchtete, daß er auch jetzt, nach Hause zurückgekehrt, statt zu schlafen, sich mit Umschlägen und Tropfen abgeben müssen werde.
„Halt!“ schrie Ssofja Lwowna. „Ich will kutschieren.“
Sie war wirklich lustig und triumphierte. In den letzten zwei Monaten, seit ihrem Hochzeitstage, hatte sie sich mit dem Gedanken gequält, daß sie den Obersten Jagitsch äußerer Vorteile wegen, oder, wie man es so nennt, „par dépit“ geheiratet habe; aber heute hatte sie im Vorstadtrestaurant endlich die Ueberzeugung gewonnen, daß sie ihn leidenschaftlich liebte. Trotz seiner vierundfünfzig Jahre war er noch sehr schlank, lebhaft und gelenkig und verstand so gut Witze zu machen und mit den Zigeunerinnen mitzusingen. Die Alten
Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/177&oldid=- (Version vom 31.7.2018)