Seite:De Zeumer V2 473.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

[193] [473]

wäre, sondern selbige Chur an einen Augspurgischen Confessions-Verwandten nach der in Electoralibus et Domo Palatina üblich und ungekränckt bleibender Ordnung und Iure succedendi gefallen seyn, mithin in jetztgedachtem Hauß diese beyde Fälle sich nach Verhängniß Gottes würcklich zugetragen haben würden, die Hannoverische Chur-Linie aber noch stünde, alsdann denen Catholischen im Churfürstl. Collegio ein Votum supernumerarium verstattet und krafft dieses würcklich in allerbester und kräfftigster Form Rechtens zugelegt seyn und bleiben, solches auch ohne einige Widerrede oder Hinderniß, wie die erdacht werden könte oder möchte, bey allen Reichs-, Wahl-, Collegial-, Deputations- und andern Tagen oder Zusammenkünfften, wie die Catholische Churfürsten sich darüber mit einander weiters vergleichen, geführet werden, hingegen, da man wegen der verlangten Substitution, worüber ferner zu berathschlagen und darinn wo möglich einen vergnüglichen Schluß zu fassen, ausbedungen und vorbehalten bleibet, zu verhoffender Entschließung kommen, oder auch obgedachte Hannoverische männliche Chur-Linie, ehe als in beyden Pfältzischen Rudolphinisch- und Wilhelminischen Linien die Catholischen Churfürsten abgehen würden, oder sich auch zutrüge, daß entweder die Pfältzische Chur auf einen Catholischen künfftig hinwiederum käme, oder die Braunschweig-Hannoverische Chur-Linie nach der Hand wieder abgienge, oberwehntes Votum supernumerarium alsdann von selbsten cessiren und aufhören solle, und daß die Chur Braunschweig wegen aller dero jetzt innhabender Braunschweigischer Landen und dero Zugehörungen den Churfürsten-Anschlag pro quanto matriculari in allen Reichs- und Creyß-Praestationibus et Oneribus publicis und sonsten, zum Cammer-Gericht aber 300 fl. zu Cammer-Zielern jährlich übernehme und auszahle; worüber, wie Seine Churfürstl. Durchl. sich ohne Zweiffel willigst erklären werden, also werden auch Ihre Kayserliche Majestät gnädigst verfügen, daß demselben in dem Churfürstlichen Collegio der behörige Sitz und Stimme ohne Verzug eingeräumet werde.

Daß übrigens Churfürsten, Fürsten und Stände das Ihrer Kayserlichen Majestät als König in Böheimb und des H. Reichs Churfürsten zustehende undisputirliche Recht und Befugniß, den Böhmischen Sitz und Stimm in allen Deliberationibus bey ordinari und extraordinari Zusammenkünfften, Reichs-, Deputations-, Collegial- und andern Tägen zu bekleiden und zu führen einhelliglich erkennen, und dessen zu des Churfürstlichen Collegii und gesammten Reichs mehrern Splendor und Besten nach Dero allergnädigsten Belieben selbst oder durch genugsam gevollmächtigte Gesandtschafft sich zu gebrauchen Ihro frey stellen, solches gereichet Deroselben zu besonderm dancknehmigem Gefallen. Und gleichwie Sie von nun an bey gegenwärtigem Reichs-Tag wiederumb einen Anfang zu machen Vorhabens sind und zu dem Ende eine Gesandtschafft anhero geordnet, also werden Sie in allen Reichs-Geschäfften ob dessen Gesetze halten, seynd auch ferners erbiethig und declariren hiemit gnädigst, daß Sie wegen Dero Erb-Königreich Böheimb und zugehöriger Landen nicht nur zu allen Reichs- und Creyß-Oneribus et Praestationibus publicis, auch andern Anlagen, fürters hin einen Churfl. Anschlag, sondern auch zum Kayserlichen Cammer-Gericht 300 fl. auf die Maaß und Weiß und mit der Befugniß wie andere Churfürsten übernehmen und bezahlen lassen, auch auf Wahl-, Reichs-, Creyß-, Deputations-, Collegial- und andern Tägen, ingleichen Friedens- und dergleichen Conventen, wo ein König in Böhmen als Churfürst oder dessen Gesandten als Churfürstliche in- und ausser Reichs concurrieren, sich weder im Rang noch Ceremoniali vor andern Churfürsten oder Churfürstl. Gesandten etwas voraus nehmen, noch den geringsten Vorzug prätendiren, sondern in allem denen andern Churfürsten oder dero Gesandten gleiches Tractament, Rang und Ceremonial halten, geben und hinwiederum empfangen wollen, wie Sie dann auch ihrer Churfürstl. Gnaden zu Mayntz den verlangten Revers zum Uberfluß allbereits desto williger aushändigen lassen, als weniger ein König von Böheimb deroselben in Ihrem Ertz-Cancellariat allein competirenden Reichs- oder auch im Churfürstlichen Collegio führendem Directorio den geringsten Nachtheil oder Eingriff zu thun befugt ist, wohingegen Sie sowohl den in dem Reichs-Gutachten verbündlich zugesagten des H. Röm. Reichs Schutz, Schirm und Protection sich für Dero Cron und Königreich Böheim und alle demselben incorporirte Lande, in allen unverhoffenden Nothfällen wider ein- und auswärtigen Gewalt gewiß und ohngezweiffelt versprechen, als auch bedingen und reserviren, daß obiges alles im übrigen Dero Königreich Böheim Würden, Rechten, Privilegiis fori und andern Freyheiten und Gerechtsamen auf keine Weise nachtheilig oder präjudicirlich, sondern dieselbe samt und sonders überall aufrecht und unverletzt seyn und bleiben sollen. Welches dann obhöchst- ermeldt- Ihro Hochfürstliche Eminenz der Churfürsten und Ständen des Reichs Räthen, Bottschafften und Gesandten hiemit nicht verhalten wollen, denen Sie mit freundlich- geneigt- und gnädigem Willen beständig wohl beygethan verbleiben.

Signatum Regenspurg, den 6. Septembris 1708.

(L. S.)

Johann Philipp, Cardinal von Lamberg, Bischof und Fürst zu Passau.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit.Tübingen: Verlag von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1913, Seite 473. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zeumer_V2_473.jpg&oldid=- (Version vom 4.4.2018)