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macht. Die deßhalb zu fassenden Beschlüsse dürfen aber mit dem Geiste der Bundes-Acte nicht im Widerspruch stehen, noch von dem Grund-Charakter des Bundes abweichen.

Art. V. Der Bund ist als ein unauflöslicher Verein gegründet, und es kann daher der Austritt aus diesem Verein keinem Mitgliede desselben frey stehen.

Art. VI. Der Bund ist nach seiner ursprünglichen Bestimmung auf die gegenwärtig daran Theil nehmenden Staaten beschränkt. — Die Aufnahme eines neuen Mitgliedes kann nur Statt haben, wenn die Gesammtheit der Bundes-Glieder solche mit den bestehenden Verhältnissen vereinbar und dem Vortheil des Ganzen angemessen findet. — Veränderungen in dem gegenwärtigen Besitzstande der Bundes-Glieder können keine Veränderungen in den Rechten und Verpflichtungen derselben in Bezug auf den Bund, ohne ausdrückliche Zustimmung der Gesammtheit, bewirken. — Eine freiwillige Abtretung auf einem Bundes-Gebiete haftender Souverainetäts-Rechte kann ohne solche Zustimmung nur zu Gunsten eines Mitverbündeten geschehen.

Art. VII. Die Bundes-Versammlung, aus den Bevollmächtigten sämmtlicher Bundes-Glieder gebildet, stellt den Bund in seiner Gesammtheit vor, und ist das beständige verfassungsmäßige Organ seines Willens und Handelns.

Art. VIII. Die einzelnen Bevollmächtigten am Bundestage sind von ihren Committenten unbedingt abhängig, und diesen allein wegen getreuer Befolgung der ihnen ertheilten Instructionen, so wie wegen ihrer Geschäftsführung überhaupt verantwortlich.

Art. IX. Die Bundes-Versammlung übt ihre Rechte und Obliegenheiten nur innerhalb der ihr vorgezeichneten Schranken aus. Ihre Wirksamkeit ist zunächst durch die Vorschriften der Bundes-Acte, und durch die in Gemäßheit derselben beschlossenen oder ferner zu beschließenden Grundgesetze, wo aber diese nicht zureichen, durch die im Grundvertrage bezeichneten Bundeszwecke bestimmt.

Art. X. Der Gesammtwille des Bundes wird durch verfassungsmäßige Beschlüsse der Bundes-Versammlung ausgesprochen; verfassungsmäßig aber sind diejenigen Beschlüsse, die innerhalb der Grenzen der Kompetenz der Bundes-Versammlung, nach vorgängiger Berathung, durch freie Abstimmung entweder im engern Rathe oder im Plenum gefasst werden, je nachdem das Eine oder das Andere durch die grundgesetzlichen Bestimmungen vorgeschrieben ist.

Art. XI. In der Regel fasst die Bundes-Versammlung die zur Besorgung der gemeinsamen Angelegenheiten des Bundes erforderlichen Beschlüsse im engern Rathe nach absoluter Stimmenmehrheit. Diese Form der Schlußfassung findet in allen Fällen Statt, wo bereits feststehende allgemeine Grundsätze in Anwendung, oder beschlossene Gesetze und Einrichtungen zur Ausführung zu bringen sind, überhaupt aber bey allen Berathungs-Gegenständen, welche die Bundes-Acte oder spätere Beschlüsse nicht bestimmt davon ausgenommen haben.

Art. XII. Nur in den in der Bundes-Acte ausdrücklich bezeichneten Fällen, und, wo es auf eine Kriegs-Erklärung oder Friedens-Schluß-Bestätigung von Seiten des Bundes ankommt, wie auch, wenn über die Aufnahme eines neuen Mitgliedes in den Bund entschieden werden soll, bildet sich die Versammlung zu einem Plenum. Ist in einzelnen Fällen die Frage, ob ein Gegenstand vor das Plenum gehört, zweifelhaft, so steht die Entscheidung derselben dem engern Rathe zu. Im Plenum findet keine Erörterung noch Berathung Statt, sondern es wird nur darüber abgestimmt, ob ein im engern Rathe vorbereiteter Beschluß angenommen oder verworfen werden soll. — Ein gültiger Beschluß im Plenum setzt eine Mehrheit von zwei Drittheilen der Stimmen voraus.

Art. XIII. Ueber folgende Gegenstände:

1) Annahme neuer Grundgesetze, oder Abänderung der bestehenden;
2) Organische Einrichtungen, das heisst bleibende Anstalten, als Mittel zur Erfüllung der ausgesprochenen Bundeszwecke;
3) Aufnahme neuer Mitglieder in den Bund;
4) Religions-Angelegenheiten;

findet kein Beschluß durch Stimmenmehrheit Statt; jedoch kann eine definitive Abstimmung über Gegenstände dieser Art nur nach genauer Prüfung und Erörterung der den Widerspruch einzelner Bundes-Glieder bestimmenden Gründe, deren Darlegung in keinem Falle verweigert werden darf, erfolgen.

Art. XIV. Was insbesondere die organischen Einrichtungen betrifft, so muß nicht nur über die Vorfrage, ob solche unter den obwaltenden Umständen nothwendig sind, sondern auch über Entwurf uud Anlage derselben in ihren allgemeinen Umrissen und wesentlichen Bestimmungen, im Plenum, und durch Stimmen-Einhelligkeit entschieden werden. Wenn die Entscheidung zu Gunsten der vorgeschlagenen Einrichtung ausgefallen ist, so bleiben die sämmtlichen weiteren Verhandlungen über die Ausführung im Einzelnen der engern Versammlung überlassen, welche alle dabey noch vorkommenden Fragen durch Stimmenmehrheit entscheidet, auch nach Befinden der Umstände eine Commission aus ihrer Mitte anordnet, um die verschiednen Meinungen und Anträge mit möglichster Schonung und Berücksichtigung der Verhältnisse und Wünsche der Einzelnen auszugleichen.

Art. XV. In Fällen, wo die Bundes-Glieder nicht in ihrer vertragsmäßigen Einheit, sondern als einzelne, selbständige und unabhängige Staaten erscheinen, folglich jura singulorum

Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit.Tübingen: Verlag von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1913, Seite 546. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zeumer_V2_546.jpg&oldid=- (Version vom 9.4.2019)