Seite:De merian Westphaliae 047.jpg

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jetzt berümbt machen / allhie angenomen worden / sechs Praeceptores, sampt einem Rectore, vnd / vnter solchen / vmbs Jahr 1500. Joh. Murmelius, gewesen. Von weltlichen Gebäwen / vnd Sachen / seyn allhie zusehen / die vier Märckt / vnnd auff dem Ersten / das Rahthauß / so / vnter allen Häusern / das Höchste ist / vnd auff runden Pfeilern stehet / auch mit schönen Bildern gezieret / vnnd erst newlich wider stattlich außgebutzet worden ist. Alle Mon- vnd Freytag / wird in solchem Raht gehalten / vnnd ist deß Rahts Weinkeller darunter. Auff dem Fischmarckt / ist das schöne Hauß / in welchem die Olderleut / vnnd Gildenmeister / zusammen kommen. Es seyn vber das auch sechs Frühmärckt / deren drey ausser der Statt / vnd drey in derselben gehalten werden / so von Keysern grosse Freyheit haben. Wer auch einen Blutrüstig auff denselben schlägt / der hat den Halß verwircket. Die Bürgershäuser seyn zum Theil auch schön von Bamberger Stein (so ein Ort / zwo Meilen von Münster) gebawet. Nicht weniger zieren die Statt die Bögen / so auff dem Thumbhoff nach Osten ligen / vnnd fast den halben Theil desselben begreiffen. Vnd seyn die Häuser fornen alle auff Pfeiler gesetzt / darunter man hingehet / vnd darinnen meistentheils Krämer wohnen / deren Frawen / vnnd Töchter / man Bogenfrawen / vnnd Jungfrawen / nennet / welche / weil sie höfflicher Sitten / vnd gleichsam mitten im Hertzen der Statt wohnen / andern gemeiniglich vorgezogen werden. Durch die Statt fleußt das Wasser Aa / von Theils Aada genannt / nach dem Norden / vnd an der Newen- oder Nienbrücker Pforten wider hinauß in die Embs. Das Fischwerck darinn verleyhet der Bischoff / welches von S. Geörgen Mühl angehet / vnnd biß an die Steinmühle am Kirchhoffe zu Vberwasser / währet.

Es hat allhie / zu Münster / zweyerley Gericht / das Geist- vnd Weltliche. Das Geistliche gehöret dem Bischoff zu / vor welchem nicht allein Geistliche / sondern auch Weltliche Sachen tractiert / vnnd die Schuldner von dem Official / mit geistlichen Brieffen / vorgefordert werden / daß sie bezahlen müssen. Ein Bürger aber muß einen andern Bürger / nach laut der Policey-Ordnung der Statt Münster / vor dem Bürgermeister / vnnd Raht / oder dem Nidern-Gericht / für dem Rahthauß / besprechen. Es seyn in besagtem Geistlichen Gericht viel Diener / nämlich / der Richter / oder Official / zween Beysitzer / ein Siegler / (der deß Officials Brieff / oder Mandata, in der Siegel-Cammer / die Jährlich dem Bischoff ein grosse Summa Gelts erträgt / versiegelt:) Item / fünff Notarii, so ihre Schreiber haben: Item / der Fiscus, oder Fiscal: Acht Procuratores, oder Fürsprechen: Etliche Bankalen / so dem gemeinen Mann die kleine Mandata schreiben: Item / viel Sollicitatores: Sechs Latores, oder Brieffträger: Item / etliche Expeditores, oder Pfändter. Wann einer von diesem Gericht appellieret / so fallen die appellationes an das Geistlich Churfürstlich Gericht zu Cölln / vnnd von dannen auff Rom. Der Ort deß Gerichts / oder der Gerichtplatz / wird das Paradeiß genannt. Wenn einer / zur Zeit deß Gerichts / da fürüber gehet / so höret er / wegen Menge Volcks / ein grosses Gemürmel vnd Getöß. Das Weltlich / oder Nidergericht / wird vor dem Rahthauß / zwischen zweyen Bäumen / vnter den Bogen / so wol in Bürgerlichen / als Halßsachen / gehalten. Der Bischoff / oder Fürst deß Lands / präsentiert E. E. Raht den Richter / nimpt auch einen Eyd von ihme / wann er ihn darsetzt / vnd das Ampt bestehlet. Wolgedachter Raht muß denselben / so fern er kein erhebliche Vrsach wider ihn hat / zulassen / vnnd verordnet ihm / auß seinem Mittel zween Beysitzer. Es hat solches nicht mehr / als einen Notarium, oder Gerichtschreiber. Die Fürsprechen seyn die sechs Bottmeister. Das Siegelgelt hat der Richter allein für sich; die andere Einkommen aber deß Gerichts / halb der Bischoff / vnd halb der Raht; an welchen auch die appellationes von diesem Gericht; vom Raht aber / wann es die Partheyen begehren / ferner nach Speyer gehen. Es wird aber die Bürgerschafft in Erbmänner / oder Geschlechter / vnnd gemeine Bürger / getheilet. Vnd obwoln auch Theils von der Ritterschafft / vnd dem Adel / schöne Häuser / vnnd Höffe / in der Statt haben; so wollen sie doch / als die einen besondern Stand deß Bischthumbs machen / keine Bürger / noch der Policey / vnnd andern Bürgerlichen Sachen / vnterworffen seyn: Wird auch der Raht daher / nicht auß ihnen / sondern den besagten Erbmännern / vnd andern Bürgern / durch zehen Personen auß der Gemeinde / so man Karnoten / oder Kohrgenossen / nennet / Jährlich / auff Dienstag vor Antonii, gekohren; welcher auch einen Stand deß Stiffts machet. Er bestehet aber von vier vnd zwantzig Personen / darunter zween Bürgermeister seyn / vnd vnter welche die fürnembste Aempter der Statt außgetheilet werden. Er / der Raht allhie / hat gewisse Macht / vnnd Authorität / zugebieten / vnd verbieten / die Policey zumehren / vnd zumindern / die Schuldigen zustraffen / vnd nachzugeben / vnnd küpfferne Müntzen schlagen zulassen. Sie haben auch etliche Collationes vber Geistliche Pastoreyen / vnd Vicarien / die sie / ihres Gefallens / den Burgers Kindern / oder denen / so es vmb gemeine Statt verdienet haben / wann sie erlediget werden / conferieren mögen. Sie haben einen Syndicum, oder Worthalter / auch einen Secretarium: Sechs Bottmeister / so die Schuldigen fangen / vnd spennen müssen; vnnd andere Diener mehr. So einer allhie verstirbt / vnnd kein Bürger / oder Eygenhöriger / oder einer vom Adel ist / oder keinen Schutzherrn / als den Thumbprobst / Thumbcustor / oder Werckmeister / dem er vnterworffen / hat / so erbet denselben der Fürst / oder Bischoff / vnd nimpt seine Verlassenschafft / als verstrichen / vnangesehen / er etwan Weib / vnd Kinder / vnd andere Erben / im Leben hat. Die Handwercker haben ihre Gilden / vnd Gildenmeister: Theils / als Zimmerleut / Kleinschmid / Tuchscherer / etc. Brüderschafften / Theils aber / weder Gilden / oder Zünfften / noch Brüderschafften; aber andere Vbungen /

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Westphaliae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1647, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_merian_Westphaliae_047.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)