Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/265

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als in der besten Gouvernantenstelle. Miß D. besuchte mich täglich, vertiefte sich mit mir in Gespräche über Religion und entdeckte bald, daß ich am Lebens-Ueberdrusse laborirte. Sie versicherte mich, daß sie sich in demselben Zustande befunden und endlich Ruhe, Frieden und Glückseligkeit in der wahren und ursprünglichen Kirche Christi, unter dem Schirme seiner heiligen zwölf Apostel gefunden habe, daß diese das eigentliche Reich Gottes sei, um welches die ganze kämpfende Christenheit bete, daß ich ein Glied derselben werden müsse, wenn ich Frieden erlangen wolle.

„Wie nennt sich denn die Kirche, zu der Sie sich bekennen?“ fragte ich gespannt.

„Die apostolische.“

„Seit wann besteht sie denn?“

„Sie besteht, seitdem Christus sie selbst gründete, jedoch gerieth sie in Folge großer Verfolgungen in Verfall, bis Gott in unsern Tagen einen Mann sandte, der sie wieder aufrichtete.“

„Und wer war denn der Mann?“

„Es war der hochwürdige Herr Irving, weshalb wir uns Irviniten nennen.“

Und was sind die Dogmen desselben?“

„Es sind dieselben, die Christus und seine Apostel lehrten, nur richtete Herr Irving die eingegangenen Stützen, die Christus seiner Kirche gab, wieder auf – Zwölf Apostel, vier Evangelisten, Priester und Diakonen –, er stellte die geistlichen Gaben, als: die Gabe der Weissagung, Wunderkraft, das Sprechen in unbekannten Sprachen und das Auslegen derselben wieder her, denn Christus hat diese Gaben nie zurückgenommen, nur die Menschen ließen sie fallen, Herr Irving stellte sie alle wieder her.“

Die Sache ließ sich hören und reizte mein Interesse im höchsten Grade. Miß D. fuhr fort; „Ferner ist unsere Kirche auch insofern nach dem göttlichen Gesetz organisirt, daß sie nichts als den zehnten Theil der Habe ihrer Kinder fordert.“

„Wie bescheiden!“ entfuhr mir mit einem fast unmerkbaren Lächeln; aber Fräulein D. verstand keinen Spaß und sagte mit feierlichem Ernst: „Ich bin eine Diakonisse und bin gekommen, Ihnen zeitliches und ewiges Glück anzubieten. Ich habe bereits gesagt, daß die Kirche alles zu