Seite:Der Fürst (Machiavelli Regis) 043.jpg

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sie vermögen es nicht, weil sie getreuer und ihnen befreundeter Macht ermangeln. Dann können auch schnell entstandene Staaten, wie alle andre natürliche Dinge, die plötzlich entsproßt in die Höhe schiessen, in ihren Wurzeln und Zubehör nicht dergestalt befestigt seyn, daß sie die erste feindliche Witterung nicht sollte aus der Erde reissen: es müßten denn, wie schon gedacht, Die, welche so plötzlich Fürsten geworden, von so vorzüglicher Tugend seyn, um sich schnell in die Fassung setzen zu können, dasjenige, was ihnen das Glück in den Schoos geworfen, sich zu erhalten und jene Grundlagen, die ein Andrer vor seiner Erhöhung zum Throne legt, noch hinterher dem Staate zu geben. Ich will von beiden dieser Arten, entweder durch Tugend oder durch Glück zum Regimente zu gelangen, aus unsern Tagen zwey Beispiele geben. Sie sind Franz Sforza, und Cäsar Borgia. Franz wurde durch die gebührenden Mittel und eine ihm eigene große Tugend aus einem Privatmann Herzog von Mailand, und was er sich durch tausend Beschwerden erworben hatte, hielt er mit wenig Mühe fest. Dagegen Cäsar Borgia (den das Volk Herzog von Valenz nannte,) den Staat durch seines Vaters Glück gewann, und wieder mit diesem verlor; ungeachtet er jedes Mittel gebraucht und keine Anstalt verabsäumt hatte, die kluge und tüchtige Männer bedürfen, um in den Staaten Wurzel zu schlagen, die ihnen Andrer Waffen und Glück eröffnet: da, wie schon gedacht, auch wer den Grund nicht anfangs gelegt hat, ihn doch, mit einer großen Tugend, wohl hinterher noch legen könnte, obschon nicht ohne Ungemach des Baumeisters und Gefahr des Gebäudes. Wenn wir nun alle Schritte des Herzogs in’s Auge fassen, so werden wir sehen, was für bedeutende Gründe er zu seiner künftigen

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Niccolò Machiavelli: Der Fürst. Stuttgart, Tübingen 1842, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_F%C3%BCrst_(Machiavelli_Regis)_043.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)