Seite:Der Fürst (Machiavelli Regis) 086.jpg

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Nichtsdestoweniger muß er langsam zum Glauben und Beschließen seyn, und muß sich nicht selber zu fürchten machen; sondern mit Klugheit und Menschlichkeit so gemäßigt zu Werke gehen, daß weder zu großes Vertrauen ihn unvorsichtig, noch zu großes Mistrauen unleidlich mache. Hieraus entsteht die Frage: ob es besser sey, geliebt zu werden als gefürchtet, oder besser gefürchtet zu werden als geliebt? Ich antworte: beides sollte man seyn. Weil es sich aber schwer zusammen vereinigen läßt, so ist es weit sicherer, gefürchtet als geliebt zu werden, wenn man Eines von beiden entrathen müßte. Weil von den Menschen soviel sich im allgemeinen sagen läßt: daß sie undankbar, veränderlich, zur Verstellung geneigt, den Gefahren abhold, begierig nach Gewinne sind; und so lange du ihnen Gutes thust, sind sie alle dein, verschreiben dir ihr Blut und Leben, Habe und Kinder, wie schon gesagt, wenn das Bedürfniß im Weiten liegt; wenn es aber herankommt, empören sie sich: und der Fürst, der sich, entblöst von andern Vorkehrungen, auf ihre Worte allein gestützt hat, geht unter; weil die Freundschaften, die man um Lohn, und nicht durch Größe und Adel des Geistes sich erwirbt, auf Zinsen stehen; aber man hat sie nicht, und kann sie im Falle nicht verwenden. Und die Menschen nehmen weniger Anstand, Einen, der sich lieben macht, zu beleidigen, als Einen, der sich fürchten macht; weil die Liebe an einem Bande hängt, das, da die Menschen schlimm sind, auf jeden Anlaß des eignen Nutzens zerrissen wird; hingegen die Furcht hängt fest an einem Schrecken vor Strafe, welches dich niemals verläßt. Es muß nichtsdestoweniger der Fürst sich dergestalt fürchten machen, daß, wenn er die Liebe auch nicht gewinnt, er den Haß doch vermeide (da es sehr wohl zusammen

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Niccolò Machiavelli: Der Fürst. Stuttgart, Tübingen 1842, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_F%C3%BCrst_(Machiavelli_Regis)_086.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)