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Friedrich Gerstäcker: Der Herr von der Hölle. Eine zweifelhafte Geschichte.

Der Herr von der Hölle.
Eine zweifelhafte Geschichte.
Von Fr. Gerstäcker.




1. Kapitel.
In Verzweiflung.

Ueber dem freundlichen Lahnthal stand der Mond[1] und warf sein mildes Licht auf die bewaldeten Höhen, auf den blitzenden kleinen Strom und auf einen von Menschen schwärmenden Platz nieder, der sich aber dort unten seinen eigenen Lichterglanz gebildet hatte und wahrlich den sanften Schmelz nicht achtete, der da draußen, in unbeschreiblichem Zauber, auf der Landschaft lag.

Wunderliche Welt! wunderliches Menschenvolk darin, das sich überall einnistet und ausbreitet und die Natur selber seinen Leidenschaften dienstbar macht.

Oben auf den Bergen lag der stille Frieden Gottes. Versteckt auf der in Myriaden von Thauperlen funkelnden Wiese, die schlanken, geschmeidigen Körper scharf in dem Schatten der Mondenstrahlen abgezeichnet, äste sich ein kleines Rudel Rehwild, und darüber hin strich die Nachtschwalbe mit ihrem melancholischen Ruf – die Grille zirpte und leise rauschte in der vom Rhein herüberwehenden Brise das junge saftige Buchenlaub. Unten aber im Thal, aus der Erde Grund herauf, quoll geheimnißvoll aus räthselhafter Tiefe der heiße Quell – noch Blasen werfend in der kühlen Abendluft, wie er sich den unterirdischen Gluthen eben entrungen, und daneben, ja sogar darüber, hatte das Menschenvolk seine Wohnungen selbst in den starren Fels hinein gebohrt und hauste da nach Herzenslust.

Wie ein Palast hob es sich dort mit hohen, luftigen und jedem nur erdenkbaren Luxus ausgestatteten Räumen, von rauschender Musik durch strömt, von zahllosen Lampen erhellt und mitten darin, das Centrum des Ganzen bildend – der eigentliche Blocksberg, zu dem in der Nacht des ersten Mai der böse Feind seine Anhänger zieht, sie dort zu einem wilden Fest vereinigend –, standen die grünen Tische mit Gold, Silber und Banknoten bedeckt. Das Auge der Opfer, die sich um die gefährlichen

  1. Im Schwabenland geht die Sage, daß der Mondschein nicht dem lieben Gott, sondern dem Teufel gehöre, und zu Dem, der darin arbeite oder etwas darin vornehme, komme der Teufel und biete ihm selber Arbeit an.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Gerstäcker: Der Herr von der Hölle. Eine zweifelhafte Geschichte. A. H. Payne, Leipzig 1870, Seite 385. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Herr_von_der_Hoelle-Gerstaecker-1870.djvu/1&oldid=- (Version vom 14.2.2021)