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zu flüstern begann, warf der eine Malaie seinen Dolch haarscharf an Harsts Kehle vorbei in die Wand, wo die lange Waffe stecken blieb.

Nein – dieses Abenteuer wurde jetzt wirklich ungemütlich. Die Tür blieb offen. Und die Acetylenlaterne umhüllte uns ständig mit ihrem grellen Licht.

Ich sah nach der Uhr. Es war jetzt genau Mittagszeit. Noch neun Stunden beließ man uns in der Kammer. Dann wurden wir wieder gefesselt und mit verbundenen Augen in ein Boot geführt. Es war ein Motorboot. Über eine Stunde, so schätzte ich, fuhren wir auf einem Flusse entlang. Ich hörte Bäume rauschen, hörte das Gekreisch von Affenherden, hörte auch das Brüllen von Wasserbüffeln und den heiseren Schrei von Vögeln.

Das Boot hielt an. Man brachte uns über eine Laufplanke an Land. Man führte uns offenbar durch eine felsige Wildnis, ließ uns klettern, half uns über Hindernisse hinweg.

Dann ging es eine endlose Steintreppe abwärts. Es mußte ein Tunnel, ein Schacht sein, in dem die Treppe abwärts lief. Die Luft wurde kühler und kühler, dann wieder wärmer. Wir schritten nun über kahlen, ebenen Felsboden hin. Und abermals ging es eine Steintreppe aufwärts. Dann schienen wir am Ziel zu sein. Man nahm uns die Tücher wieder ab.

Vor uns standen die beiden Malaien und der Matrose Brigham.

„Master Goorb läßt Ihnen sagen,“ erklärte Brigham „daß es ihm sehr leid tut, Ihnen gegenüber Zwang anwenden zu müssen. Er macht Ihnen nochmals den Vorschlag, daß Sie beide –“

Harst winkte kurz ab. „Lassen Sie, Brigham. Jedes weitere Wort ist zwecklos. Sie werden die Suppe ausessen müssen, die Sie sich hier eingerührt haben.“

Der Pockennarbige blickte zu Boden. Ihm war offenbar nicht ganz behaglich zu Mute. – „Ich habe Ihnen dann zu eröffnen,“ erklärte er darauf recht kleinlaut, „daß jeder Fluchtversuch Sie das Leben kostet. Sie haben hier zwei Räume zur Verfügung. Am Tage werden Sie ein paar Stunden im Tale auf und ab gehen dürfen.“

Er nahm uns die Handfesseln ab. „So – ich lasse Ihnen diese Petroleumlaterne hier. Gute Nacht.“

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Walther Kabel: Der Piratenschoner. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Piratenschoner.pdf/31&oldid=- (Version vom 31.7.2018)