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Walther Kabel: Der Spion von Kimberley (Die Südmark. Nr. 17–20.)

daß man dem Agenten so bald wie möglich den Rest des Geldes und die Edelstein wieder abnimmt. Dahin ging nun auch mein Plan, den ich mit Hilfe Elkins durchzuführen hoffte. Leider haben wir dabei kein Glück gehabt. Um allen Eventualitäten vorzubeugen und möglichst sicher zu gehen, wollten wir uns sogar auf den Kriegschauplatz wagen und versuchen, womöglich nach Kimberley hineinzukommen. Doch trotz aller Bemühungen wurden uns die Passierscheine verweigert, und bei der Polizeibehörde bei der Kolonie wies man uns einfach ab, da jetzt niemand Zeit und Lust hat, sich um Privatangelegenheiten zu bekümmern. So waren wir denn zur Untätigkeit verurteilt, bis mir letztens Ihre Person auffiel.“

Herlett machte eine Pause und schaute prüfend zu Harry Siders hinüber, um den Eindruck seines bisherigen, so überaus schlau zurechtgelegten Vortrages festzustellen. Dieser hatte mit atemloser Spannung zugehört. Neue Hoffnungen hatten die Worte Herletts, den er vollen Glauben schenkte, in ihm geweckt, und die Erinnerung an die Heimat und die Seinen ließen ihn jetzt eifrig den Gedanken des kleinen, so vertrauenerweckend ausschauenden Mannes aufnehmen.

„Sprechen Sie weiter …! Was soll ich, was kann ich tun, um Siders u. Karst und damit auch meinem Vater einen Dienst zu erweisen …? Ich bin zu allem bereit, ahne, daß Sie mich irgendwo benutzen wollen, um Ihrem Ziele näher zu kommen.“ Und dann vertraute er sich den beiden rückhaltlos an, erzählte ihnen von seiner Audienz beim Gouverneur und von seiner Absicht, sich als Spion in der Front verwenden zu lassen.

„Denken Sie, wenn es mir glückte,“ fuhr er ganz begeistert fort, „nicht nur Straffreiheit zu erlangen, sondern auch unserer Firma die Summen zu retten, dann könnte ich als freier Mann in die Heimat zurückkehren und würde wohl auch die Verzeihung meines Vaters erlangen!

Nochmals, Sie haben in mir einen Verbündeten gefunden, der nicht ganz ohne Einfluß ist. Was meinen Sie, wenn ich mich dem Gouverneur anvertrauen und ihn bitten würde, mich zu der Armee des General Methuen zu beordern, der doch nach den letzten Nachrichten demnächst einen Vorstoß gegen die Belagerer von Kimberley machen wird …? Se. Lordschaft ist mir scheinbar sehr gewogen, und einem Sohne wird er die Möglichkeit nicht rauben, seinen Eltern zu helfen.

Wenn ich nur erst bei der Armee bin, dann finde ich auch sicher Mittel und Wege, um irgendwie nach Kimberley hineinzugelangen,“ fuhr Harry Siders fort. „Ich beherrsche ja die Burensprache vollständig, werde mich schon durch die Belagerungslinien hindurchstehlen, und wenn ich erstmal in der Stadt bin, so sollen Edward Brice und van Straaten die längste Zeit im Besitze der veruntreuten Gelder und Diamanten gewesen sein.“

Herlett und Elkins tauschten nur einen langen, freudigen Blick aus, als der vertrauensselige, junge Mann ihnen so auf halbem Wege entgegenkam und, getrieben von dem Wunsche, seine einstigen Verfehlungen wieder gut zu machen, sich so schnell bereit erklärte, ihnen als Werkzeug für ihre verbrecherischen Pläne zu dienen.

Jetzt streckte der Dicke mit einem ganz gerührten Ausdruck in seinem feisten Gesicht Harry Siders die Hand über den Tisch hin und fand dazu Worte, die diese Opferfreudigkeit eines Sohnes als einen Entschluß priesen, der sicherlich mit dem besten Erfolge belohnt würde. „Sehen Sie, Master Harry,“ setzte er dann hinzu, „wir beide, Elkins und ich, haben gewiß nichts unversucht gelassen, um das uns bewiesene Vertrauen zu rechtfertigen. Ja, wir fragten sogar vor acht Tagen bei einem der Werbeunteroffiziere an, ob man uns trotz unserer körperlichen Fehler in die Armee einstellen würde, da wir darin die einzige Möglichkeit sahen, zunächst überhaupt einmal aus Kapstadt heraus und wenigstens in größere Nähe von Kimberley zu kommen. Doch leider zeigte sich selbst diese gewiß recht selbstlose Absicht als unausführbar, denn Master Elkins ist lahm und ich selbst leide stark an Herzverfettung, so daß wir daher auf jeden Fall als dienstuntauglich abgelehnt worden wären. Und wenn Sie mir vorher nicht mit Ihren noch aussichtsvolleren Vorschlägen das Wort abgeschnitten hätten, so würde ich Ihnen zu demselben Schritt – eben sich anwerben zu lassen – geraten haben, was auch von vornherein meine Absicht war. Nur deswegen bin ich Ihnen heimlich gefolgt, vermutete auch sofort, das wir in Ihnen einen nicht zu unterschätzenden Verbündeten finden würden. Und ich bin vom Herzen froh, daß meine Hoffnung mich nicht getäuscht hat, will auch gleich morgen nach London schreiben und in diesem Bericht auf eine glückliche Lösung aller Schwierigkeiten hindeuten, ebenso auch vorsichtig, ohne Ihren Namen zu nennen, erwähnen, wie wir jetzt von einer Seite Unterstützung gefunden haben, die ebenfalls das lebhafteste Interesse an dem Wohlergehen der Firma Siders und Karst hat.“

(Fortsetzung folgt.)

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Der Spion von Kimberley (Die Südmark. Nr. 17–20.). Vereinsbuchdruckerei „Celeja“ in Cilli, Cilli 1914, Seite 4(Nr.18). Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Spion_von_Kimberley.pdf/8&oldid=- (Version vom 31.7.2018)