Seite:Der Todesgang des armenischen Volkes.pdf/157

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die Raubtiere brauchten. So kehrten die Efendis, ohne etwas erreicht zu haben, nach Musch zurück.

Als die Regierung sah, daß die Entwaffnung der Leute von Sassun durch List nicht zu erreichen war, rief sie die benachbarten Kurdenstämme zusammen. Ende Juni wurde Sassun von ihnen umzingelt, von Osten her durch die Kurden von Scheko, Beder, Bosek und Djalall, von Westen her durch die Kurden von Kulp und ihren Scheichs Hussein und Hassan und die Kurden von Genasch und Lidsche, von Süden her durch die Kurden von Chian, Badkan und Bazran unter Chaldi Bey von Meafarkin und Hadschi Muschi Aga, von Norden her durch Kurdenbanden, die auf der Höhe von Kosduk zusammengezogen wurden; außerdem wurden türkische Truppen aus Diarbekir und Charput aufgeboten. Die Bevölkerung von Sassun zählt 20 000 Seelen. Außerdem waren in das Sassungebiet etwa 30 000 Frauen, Kinder und Greise aus den benachbarten Gebieten geflüchtet. Da Sassun selbst wenig Korn erzeugt, war die Ernährung dieser Flüchtlinge sehr schwierig. Schon im Winter war fühlbarer Mangel gewesen, aber die Regierung hatte den Leuten von Sassun nicht erlaubt, Vorräte in Musch einzukaufen. Seit dem Mai wurden die Lebensmittel immer knapper.

Die Kurden griffen zuerst das Dorf Aghbi (im Kreise Zowasar) an und trieben die Schafherden weg. Dann überfielen die Kurden von Osten her die Dörfer Kop und German, töteten die sich widersetzenden Dorfbewohner und führten ihre Herden mit sich weg. Die Armenier zogen sich nun auf einen engeren Umkreis in die Antokberge zurück. Von da schickten sie eine Beschwerde an die Regierung, in der sie sich über die ungesetzliche Behandlung beklagten. Ihre Führer Ruben und Wahan Papasian hielten gute Ordnung und waren bemüht, alles zu vermeiden, was der Regierung einen Anlaß zum Einschreiten geben konnte.

Als Antwort auf die Beschwerde griffen am 18. Juli türkische Truppen die Armenier an, die sich zu ihrer Verteidigung

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/157&oldid=- (Version vom 31.7.2018)