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„Lüge“ zu hart bezeichnet werden, aber der gute Ton verlangt auch vorkommenden Falles eine wirkliche, überlegte Unwahrheit, der sich kaum jemand entziehen können wird, nähme er es mit der Wahrheit auch noch so genau.

Die Höflichkeit erfordert es, daß man einen Bekannten, den man trifft, nach seinem Befinden fragt, ja im Englischen besteht die gewöhnliche Begrüßung geradezu in einer solchen Frage, aber prüfe man sich doch einmal ernstlich: hat man in den meisten Fällen nur das geringste Interesse daran, zu wissen, wie es dem andern geht? – Oder jemand stellt sich vor, nennt seinen Namen, und man antwortet ihm: „Ich bin sehr erfreut!“ (nämlich, Sie kennen zu lernen); ist es einem nicht vollständig gleichgültig, ob man diesen jemand, den man möglicherweise nie wiedersehen wird, kennen gelernt hat oder nicht? Und doch würde es eine grobe Unhöflichkeit sein, wollte man nicht irgend ein paar freundliche Worte auf eine Anfrage nach unserm Befinden, auf eine Vorstellung erwidern. Man braucht ja nicht gleich auf die Frage eines andern, der uns auf den Fuß getreten hat, ob es uns wehe gethan habe, zu antworten: „O nein, im Gegenteil!“, doch würde es immer unpassend sein,

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Alban von Hahn: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. Otto Spamer, Leipzig [1896], Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Verkehr_in_der_Guten_Gesellschaft.pdf/233&oldid=- (Version vom 31.7.2018)