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wir sonst Hunderte anlegten - aber wir können nichts Brauchbares dafür kaufen. - Mancher isst feinere Leckereien, trinkt theurere Weine, — aber was für ein grösserer Segen ist da? Sind sie schöner, besser, stärker, braver? Sind sie nur, was sie „glücklicher“ nennen?“

Der arbeitende Herr ist nicht glücklicher, der faulenzende Herr, d. h, der adlige Grundbesitzer, ist nicht glücklicher - „für wen denn ist dieser Reichthum, Englands Reichthum? Wen segnet er, wen macht er glücklicher, schöner, weiser, besser? Bis jetzt Niemand. Unsre erfolgreiche Industrie hat bis jetzt keinen Erfolg; in der Mitte üppiger Fülle verhungert das Volk; zwischen goldenen Mauern und vollen Scheunen fühlt sich Keiner sicher und zufrieden. - Midas schmachtete nach Gold, und beschimpfte den Olymp. Er bekam Gold, so dass Alles was er berührte, Gold werde - und das half ihm mit seinen langen Ohren wenig. Midas hatte die himmlische Musik missbeurtheilt. Midas hatte Apollon und die Götter beschimpft, und die Götter bewilligten ihm seinen Wunsch und ein Paar lange Ohren dazu, auch ein gutes Anhängsel, - welch eine Wahrheit in diesen alten Fabeln!“

„Wie wahr,“ fährt er im zweiten Kapitel fort, ist die andre alte Fabel von der Sphynx: „Die Natur ist die Sphynx, eine Göttin, aber noch nicht ganz befreit, noch halb in der Thierheit, der Geistlosigkeit steckend - Ordnung, Weisheit auf der einen Seite, aber auch Dunkelheit, Wildheit, Schicksalsnothwendigkeit. Die Sphynx-Natur - deutscher Mystizismus, sagen die Engländer, wenn sie dies Kapitel lesen - hat für jeden Menschen und jede Zeit eine Frage - glücklich der, der sie richtig beantwortet; wer sie nicht oder falsch beantwortet, fällt dem thierisch-wilden Theil der Sphinx anheim, statt der schönen Braut findet er eine reissende Löwin. Und so ist es mit Nationen auch: könnt Ihr das Räthsel des Schiksals lösen? Und alle unglücklichen Völker, wie alle unglücklichen Individuen haben die Frage falsch beantwortet, den Schein für die Wahrheit genommen, die ewigen inneren Thatsachen des Universums für die äusserlichen vergänglichen Erscheinungsformen fahren lassen; und das hat England auch gethan. England ist, wie er sich später ausdrückt, dem Atheismus anheimgefallen, und seine jetzige Lage ist die nothwendige Folge davon. Wir werden später davon zu sprechen haben, einstweilen ist bloss zu bemerken, dass Carlyle das Gleichniss der Sphynx, wenn es in dem obigen pantheistisch-altschelling’schen Sinn zugelassen werden soll, noch etwas weiter hätte ausführen

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Engels: Die Lage Englands. In: Deutsch-Französische Jahrbücher. Bureau der Jahrbücher, Paris 1844, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsch_Franz_Jahrb%C3%BCcher_(Ruge_Marx)_158.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)