Alboin und Rosimund.
P. Diaconus I. 27. II. 28. |
Nach Turisends Tod brach dessen Sohn und Nachfolger
Cunimund aufs neue den Frieden mit den Longobarden.
Alboin aber schlug die Feinde, erlegte den Cunimund
selber, und machte sich aus dessen Schädel
eine Trinkschale. Cunimunds Tochter Rosimund führte
er mit vielen andern in die Gefangenschaft, und nahm
sie darauf zu seiner Gemahlin. Alboins Thaten
erschollen überall, und sein Ruhm wurde nicht blos bei
den Longobarden, sondern auch bei den Baiern, Sachsen
und andern Völkern der deutschen Zunge in Liedern
besungen. Auch erzählen viele, daß zu seiner
Zeit ganz vorzügliche Waffen geschmiedet worden seyen.
Eines Tages saß Alboin zu Verona fröhlich am Mahl, und befahl der Königin in jene Schale Wein zu schenken, die er aus ihres Vaters Haupt gemacht hatte, und sprach zu ihr: „trinke fröhlich mit deinem Vater!“ Rosimund empfand tiefen Schmerz, bezwang sich gleichwohl, und sann auf Rache. Sie wandte sich aber an Helmichis, des Königs Waffenträger (Schilpor) und Milchbruder, und bat ihn, daß er den Alboin umbringe. Dieser rieth ihr, den Peredeo, einen tapfern Helden, ins Verständniß zu ziehen. Peredeo wollte aber mit dieser Unthat nichts gemein haben. Da barg sich Rosimund heimlich in
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_057.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)