Ach Brennberger, allerliebster Diener mein, wie
ist es dir ergangen, was bringst du guter Mähre? Edle
Frau – antwortete der Ritter – ich habe Lieb und
Leid gehabt, wie man noch nie erhört. Dreizehn Tage
hatte ich feil meinen Kram vor dem Burgthor; nun
möget ihr Wunder hören, welches Heil mir widerfuhr;
jeden Abend wurde ich eingelassen, und mußte
bei jeder Jungfrau besonders liegen; ich furchte
mich, es könnte nicht so lang verschwiegen bleiben, und die
letzte Nacht wollte mich die Königin selber haben. –
Weh mir, Brennberger, daß ich je geboren ward –
sprach die Herzogin – daß ich dir je den Rath gab,
die edle Frau zu kränken; nun sag mir aber, welche die
Schönste sey unter uns zweien? – Frau, in Wahrheit,
sie ist schön ohn Gleichen, nie sah ich ein schöner
Weib auf Erden; ein lichter Schein brach von ihrem Angesicht,
als sie das erste Mal vor meinen Kram ging,
sonderliche Kraft empfing ich von ihrer Schöne. –
Ach Brennberger, gefällt sie dir besser als ich, so sollst
du auch ihr Diener seyn! – Nein, edle Frau, das sag
ich nicht; ihr seyd die Schönste in meinem Herzen.–
Nun sprachst du eben erst, kein schöner Weib habest
du nie gesehen – Wißt Frau, sie hatte einen hohen
Mund, darum seyd ihr schöner auch an Hals und
Kinn; aber nach euch ist die Königin das schönste
Weib, das ich je auf der Welt gesehen; das ist meine
allergrößte Klage, ob ich einen unrechten Tod an ihr,
verdient hätte!
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_230.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)