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einiger Zeit schwanger befand, ging sie mit dem Grafen nach St. Gallen, und gelobte dem Kloster das Kind, wenn es ein Knabe wäre. Vierzehn Tage vor ihrer Niederkunft erkrankte plötzlich Wendilgart, und starb. Das Kind aber wurde lebendig aus dem Leichnam geschnitten, und in eine frisch abgezogene Speckschweinschwarte gewickelt. So kam es auf, wurde Burkhart getauft, und sorgsam im Kloster erzogen. Das Kind wuchs, zart von Leib, aber wunderschön; die Brüder pflegten ihn den ungebornen (Burcardus ingenitus) zu nennen. Seine Haut blieb immer so fein, daß jeder Mückenstich Blut heraus zog, und ihn sein Meister mit der Ruthe gänzlich verschonen mußte. Burkard der ungeborne ward mit der Zeit ein gelehrter, tugendhafter Mann.





526.
Stiftung des Klosters Wettenhausen.
Crusius ann. suev. dod. II. p. 148. nach Brusch


Zwischen Ulm und Augsburg, am Flüßchen Camlach, liegt das Augustinerkloster Wettenhausen. Es wurde im Jahr 932 von zwei Brüdern, Conrad und Wernher, Grafen von Rochenstain, oder vielmehr von deren Mutter Gertrud gestiftet. Diese verlangte und erhielt von ihren Söhnen so viel Lands zur Erbauung einer heiligen Stätte, als sie innerhalb eines Tages umpflügen könnte. Dann schaffte sie einen ganz kleinen Pflug, barg ihn in ihren Busen, und umritt dergestalt

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_281.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)