sagte „eh’ wollt ich mich begraben lassen, als daß
ihm nur ein Finger schwüre!“ zürnte dem Kammerweib,
und verwies sie seitdem aus ihrer Huld. Giftig
ging die Verrätherin hin zu Belayens Magen,
die dem Helden die Königstochter neideten, und brachte
ihnen falsche Lügen vor. Da berieth sich Belayens
Sippschaft, daß sie aus Loherangrin das Fleisch, womit
allein Belayens Noth gelindert werden könnte,
schneiden wollten; und als er eines Tages wieder
auf die Jagd gegangen und entschlafen war, träumte
ihm: tausend Schwerter stünden zumal ob seinem einzigen
Haupt gezückt. Erschrocken fuhr er auf, und
sah die Schwerter der Verräther. Alle bebten vor
dem Helden, mit seiner einen Hand erschlug er mehr
denn hundert. Sie waren aber unter einander zu fest
verbunden, und ließen nicht nach, ihn anzugreifen:
bis ihm ihrer zu viel wurde, und er eine Wunde
durch den linken Arm empfing, so schwer, daß sie
kein Arzt heilen konnte. Als sie ihn todtwund sahen,
fielen sie ihm alle zu Füßen, seiner großen Tugend
wegen. Belaye starb nach empfangener Todesbotschaft
alsbald vor Herzeleid. Loherangrin und Belaye
wurden gebalsamt und zusammen eingesargt,
hernach ein Kloster über ihren Gräbern gebauet; ihre
Leichname werden da den Pilgrimen noch gewiesen.
Das Land, vorher Lyzaborie genannt, nahm von ihm
den Namen Lotharingen an. Diese Begebenheit
hat sich ereignet nach Christi Geburt fünfhundert
Jahr.
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 311. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_331.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)