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539.
Der gute Gerhard Schwan.
Nordische Volksbücher von Kaiser Carl.

Vergl. Nyerup Morskabsläsning S. 90. 91.


Eines Tages stand König Carl am Fenster einer Burg, und sah hinaus auf den Rhein. Da sah er einen Schwan auf dem Wasser schwimmen kommen, der hatte einen Seidenstrang um den Hals und daran hing ein Boot; in dem Boot saß ein Ritter ganz gewaffnet, an seinem Hals hatte er eine Schrift. Und wie der Ritter ans Land kam, fuhr der Schwan mit dem Schiffe fort und wurde nimmer mehr gesehen. Navilon (Nibelung), einer von des Königs Männern, ging dem Fremden entgegen, gab ihm die Hand, und führte ihn vor den König. Da fragte Carl nach seinem Namen; aber der Ritter konnte nicht reden, sondern zeigte ihm die Schrift; und die Schrift besagte, daß Gerhard Schwan gekommen sey, ihm um ein Land und eine Frau zu dienen. Navilon nahm ihm darauf die Waffen ab, und hob sie auf; aber Carl gab ihm einen guten Mantel, und sie gingen dann zu Tisch. Als aber Rolland den Neukömmling sah, frug er: was es für ein Mann wäre? Carl antwortete „diesen Ritter hat mir Gott gesandt;“ und Rolland sprach „er scheinet heldenmüthig.“ Der König befahl, ihn wohl zu bedienen. Gerhard war ein weiser Mann, diente dem König wohl und gefiel jedermann; schnell lernte er die Sprache. Der König wurde ihm

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_335.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)