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Georg Weerth: Die Armen in der Senne aus Deutsches Bürgerbuch für 1845

Die Armen in der Senne.
Mitgetheilt von Georg Weerth.


Von den Höhen des Teutoburger Waldes sieht man in eine weite Ebene, die Senne genannt, deren ödester Theil sich zwischen Paderborn, Bielefeld und dem Fürstenthum Lippe hinzieht. Sie gewährt einen eigenthümlichen Anblick, der sich wohl am besten mit der Aussicht vergleichen läßt, die man in der Abenddämmerung, von einem höhern Punkte des Strandes, auf die See hat. Die Täuschung wird noch größer, wenn in den Strahlen der untergehenden Sonne, oder im Mondlicht, die dunklen Wasserflächen einiger Teiche zu leuchten beginnen, die hin und wieder den Sand durchschneiden, und gewöhnlich von kleinen Fichtengehölzen umgeben sind. In solchen Augenblicken gewinnt die Gegend, keineswegs einen schönen, vielmehr einen höchst unheimlichen und wahrhaft geisterhaften Anstrich. – Die Umrisse einiger Meierhöfe und zerstreuter Baumgruppen verschwinden und bald gewahrt das Auge nur noch den schwarzblauen Farbenton der Ebne, über welche die Nebel in weißen Wogen hereinbrechen.

Dem Beschauenden scheint dann der geheimnißvolle Geist jener Wüste vorüberzuschweben, – jener Wüste, in welcher schon so vieles auf und nieder ging, – in deren Sand die Waffen der Römer verrosteten, in der Franken und Sachsen im Kampf aneinander rannten, in welcher der tollste Hexenspuk sein Wesen trieb, und – die jetzt wohl die unglücklichsten Bewohner des einst so gewaltigen Westphalens bevölkern. –

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: Georg Weerth: Die Armen in der Senne aus Deutsches Bürgerbuch für 1845. C. W. Leske, Darmstadt 1845, Seite 266. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsches_Buergerbuch-266.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)