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von ihrer eigenen überdurchschnittlichen Wirtschaft auf den minder guten Gesamtdurchschnitt schließen. Vielleicht spielt auch das psychologische Moment, die Ernte mit Vorliebe hoch einzuschätzen, eine Rolle. So viel steht jedenfalls fest, daß die Ernte geringer ist, als es nach der deutschen Erntestatistik den Anschein hat. Demgemäß vergrößert sich auch der Anteil der Mehreinfuhr, was zu beachten ist. Immerhin gibt die obige Statistik gewisse Annäherungswerte, die, unter ausdrücklichem Vorbehalt, den nachfolgenden Erörterungen zugrunde gelegt werden sollen. Betrachten wir zunächst das Brotgetreide: Weizen und Roggen. Beider Produktion hat seit dem Jahre 1890 beträchtlich gesteigert werden können. Die Roggenproduktion hat sich sogar mehr als verdoppelt. Beim Weizen hat aber trotzdem eine erhebliche Einfuhrsteigerung stattgefunden; nahezu ⅓ unseres Bedarfs stammt aus dem Ausland. Die Einfuhr von 13% beim Roggen hingegen hat sich in eine Ausfuhr von 4,3% des Gesamtbedarfs umgewandelt. Bei der Würdigung dieser Zahlen muß aber noch der Ausfuhrüberschuß an Mehl in Betracht gezogen werden. Für die letzten 25 Jahre ergibt sich dann insgesamt die folgende Entwicklung:

Jahr Mehreinfuhr bezw. Ausfuhr (–)
in Mill. Tonnen
Weizen Roggen Mehl Brotgetreide
nach Abzug der
Mehlausfuhr
1888 0,34 0,65 −0,14 0,85
1889 0,52 1,06 −0,13 0,14
1890 0,67 0,88 −0,10 1,45
1891 0,91 0,84 −0,09 1,66
1892 1,30 0,55 −0,08 1,77
1893 0,70 0,22 −0,12 0,81
1894 1,07 0,60 −0,18 1,50
1895 1,27 0,93 −0,15 2,05
1896 1,58 0,99 −0,12 2,45
1897 1,01 0,75 −0,15 1,61
1898 1,34 0,78 −0,04 2,09
1899 1,17 0,44 −0,14 1,48
1900 0,99 0,82 −0,12 1,70
1901 2,04 0,77 −0,07 2,81
1902 1,99 0,87 −0,09 2,77
1903 1,75 0,61 −0,12 2,24
1904 1,86 0,12 −0,16 1,81
1905 2,12 0,25 −0,18 2,19
1906 1,81 0,41 −0,11 2,10
1907 2,36 0,38 −0,12 2,61
1908 1,83 −0,25 −0,20 1,38
1909 2,22 −0,38 −0,26 1,59
1910 2,07 −0,44 −0,34 1,33
1911 2,18 −0,15 −0,40 1,62
1912 1,99 −0,47 −0,37 1,14

Danach ergibt sich die überraschende Tatsache, daß trotz der enormen Bedarfssteigerung die Mehreinfuhr von Brotgetreide in den letzten Jahren abgenommen hat. Es unterliegt keinem Zweifel, daß dies mit der Preisentwicklung im Zusammenhang steht. Diese hat in der gleichen Zeit in Berlin den folgenden Gang genommen (per Tonne in Mark):

Jahr   Weizen   Roggen
1906 179,6 160,6
1907 206,3 193,2
1908 211,2 186,5
1909 233,9 176,5
1910 211,5 152,3
1911 204,0 168,3
1912 217,0 185,8
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 701. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/264&oldid=- (Version vom 20.8.2021)