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Die Arbeiter-Sozialpolitik
Von Prof. Dr. Hitze, Münster, Mitglied des Deutschen Reichstags


Wenn wir speziell von der „deutschen“ Arbeiter-Sozialpolitik sprechen, so denken wir zunächst und vor allem an die deutsche Arbeiterversicherungsgesetzgebung. Hier hat Deutschland zuerst sich neue Ziele gesetzt, neue Wege gebahnt und mit Einsetzung eines hohen Idealismus und in unermüdlicher Arbeitsanspannung ein großes nationales Werk geschaffen, das die gerechte Bewunderung der anderen Kulturstaaten erregt hat. Es ist uns Deutschen um so teurer, als es in seinem Ursprung mit den großen Erinnerungen an die Ehrfurcht gebietende Gestalt des hochseligen Kaisers Wilhelms I. und seines großen Kanzlers verknüpft ist. So möge denn die Darstellung und Würdigung der deutschen Sozialpolitik mit der Arbeiterversicherung beginnen.

Grundlegung der Arbeiterversicherung durch Kaiser Wilhelm I.

November-Botschaft.

Die Geburtsstunde der deutschen Arbeiterversicherung war gegeben mit der Botschaft Kaiser Wilhelms I. vom 17. November 1881. Sie bildete die „magna charta“ der deutschen Arbeiterversicherung. Die denkwürdige Botschaft lautet wie folgt:

„Wir halten es für Unsere kaiserliche Pflicht, dem Reichstag die Förderung des Wohles der Arbeiter von neuem ans Herz zu legen, und würden Wir mit um so größerer Befriedigung auf alle Erfolge, mit denen Gott Unsere Regierung sichtlich gesegnet hat, zurückblicken, wenn es Uns gelänge, dereinst das Bewußtsein mitzunehmen, dem Vaterlande neue und dauernde Bürgschaften seines inneren Friedens und den Hilfsbedürftigen größere Sicherheit und Ergiebigkeit des Beistandes, auf den sie Anspruch haben, zu hinterlassen. In Unseren darauf gerichteten Bestrebungen sind Wir der Zustimmung aller verbündeten Regierungen gewiß und vertrauen auf die Unterstützung des Reichstags ohne Unterschied der Parteistellungen. In diesem Sinne wird zunächst der Entwurf eines Gesetzes über die Versicherung der Arbeiter gegen Betriebsunfälle vorbereitet. Ergänzend wird ihm eine Vorlage zur Seite treten, welche sich eine gleichmäßige Organisation des gewerblichen Krankenkassenwesens zur Aufgabe stellt. Aber auch diejenigen, welche durch Alter oder Invalidität erwerbsunfähig werden, haben der

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 811. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/374&oldid=- (Version vom 31.7.2018)