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durch welche der Herausgeber der in Kiel erscheinenden „Astronomischen Nachrichten“, Kobold, die aus allen Ländern und fast in allen Kultursprachen in diesem Zentralorgan zur Mitteilung gelangenden Berichte vervollständigt. In Verbindung mit diesem Organ besteht in Kiel auch eine von Kobold geleitete Zentralstelle für den telegraphischen Nachrichtendienst zwischen fast allen Sternwarten der Erde, unter der Führung einer von der astronomischen Gesellschaft eingesetzten internationalen Kommission.

Heidelberger Sternwarte. − Fortschritte der optischen Technik und der Zeitmessungseinrichtungen.

Bei der Auffindung der kleinen, fixsternartig erscheinenden Planeten, welche als solche nur durch ihre Ortsveränderungen am Sternhimmel erkennbar werden, hat insbesondere die Heidelberger Sternwarte wesentliche Hilfe erlangt durch die in Jena von den Zeißschen Instituten kultivierten stereoskopischen Methoden und Einrichtungen und überhaupt durch die Vervollkommnungen der photographischen Aufnahmen der Himmelsflächen. Die stereoskopische Vergleichung zweier in verschiedenen Zeitpunkten im Fernrohr ausgeführten photographischen Aufnahmen einer und derselben Himmelsfläche läßt fast mit einem Blick alle Veränderungen erkennen, welche in der Zwischenzeit zwischen den beiden Aufnahmen, z. B. innerhalb eines Tages, an der betreffenden Stelle des Himmels erfolgt sind. Hierdurch aber werden solche stereoskopische Vergleichungen der photographischen Aufnahmen einer und derselben Himmelsfläche nicht nur sehr förderliche Hilfsmittel zur Erkennung der Ortsveränderungen von sternartig erscheinenden wandernden Himmelspunkten, also von kleinen Planeten, sondern auch zur Erkennung derjenigen Helligkeitsänderungen von Fixsternen, von welchen weiter unten die Rede sein wird.

Die wissenschaftlich-technischen Leistungen der großen Jenenser Unternehmungen, deren so hochverdienter Begründer Abbe in unserm Vierteljahrhundert zu tiefem Leide der ganzen Kultur dahingeschieden ist, sind in fast allen Gebieten astronomischer und physikalisch-chemischer Präzisionsmessung ein Weltruhm Deutschlands geworden.

Auf dem Gebiete der optischen Messungen für Orts- und Bewegungsbestimmungen am Himmel haben die Leistungen der deutschen teleskopischen Optik auch eine sehr erhebliche Förderung erfahren durch Arbeiten des Potsdamer Astrophysischen Observatoriums, insbesondere auch durch die Hartmannsche Objektivprüfungsmethode, welche die Herstellung erstklassiger Fernrohrobjektive bedeutend erleichtert und gesichert hat.

An die vorstehend hervorgehobenen Fortschritte teleskopischer Messungstechnik schließt sich noch eine deutsche Leistung an, welche von großer Bedeutung ebensowohl für die feinsten Ortsbestimmungen am Himmel, als auch für die Genauigkeit der geographischen Längenbestimmungen und für die schärfsten Zeitbestimmungen geworden ist, nämlich die definitive Gestaltung eines Mikrometers für die Elimination der sogenannten persönlichen Gleichungen durch unsern auch sonst so hochverdienten Hamburger Mechaniker Joh. Repsold.

Auf demselben Gebiete der Ortsbestimmungen am Himmel und auf der Erde sind sodann auch durch immer mehr vervollkommnete Ausnutzung der Drehungsbewegung

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/136&oldid=- (Version vom 20.8.2021)