Seite:Die Anfänge des musikalischen Journalismus Seite 28.jpg

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lächerlich. Mattheson liess auf S. 420 seiner „Ehrenpforte“ eine Zugabe über Mizler erscheinen, in welcher die Oden des Regelkomponisten einer ironischen Kritik unterzogen wurden. Dieselbe beginnt mit folgenden Worten: „Nun haben wir doch einmahl eine öffentliche Probe von derjenigen Art zu komponieren, da man alle Klänge recht nach der Kunst und nach dem geometrischen Massstabe berechnet.“ Die Oden werden dann in derselben kleinlichen Art besprochen, wie es Mizler bei den Gräfe’schen gethan hatte. Wenn Fétis in seiner „Biographie universelle des musiciens“ bemerkt, dass Mizler Matthesons ironisches Lob seiner Oden nicht verstanden, vielmehr ernst genommen habe, so ist das ein Irrtum. Mizler antwortet zunächst ebenfalls ironisch mit übertriebener Höflichkeit, lässt aber hernach gegen Matthesons fingierten Briefschreiber Alphonso seine ganze Wut aus, traktiert ihn sogar mit Schimpfwörtern wie „Erzschelm“ und „Lügner“.

Wie Mizler die Musik wissenschaftlich beurteilt wissen wollte, so wollte er sie auch wissenschaftlich produzieren. Anweisungen dazu gab er in seinen „Anfangsgründen des Generalbasses nach mathematischer Lehrart abgehandelt“. Nach Leibnizens „ars combinatoria“ hatte er ausgerechnet, dass man aus den acht Tönen der Tonleiter 40320 Melodieen konstruieren könnte, aus 12 Tönen schon 479 001 600, und aus 15 Tönen sogar schon 1 307 674 368 000 Melodieen; nehme man noch die vielfältigen Veränderungen des Taktes hinzu, so entstehe eine Mannigfaltigkeit der möglichen Veränderungen, die der Verstand nicht mehr fassen könne. Alle jetzigen Komponisten mit Kind und Kindeskindern könnten deshalb noch längst nicht alle Möglichkeiten erschöpfen. Mizler wunderte sich daher sehr, dass manche Komponisten so arm an Erfindung seien, da doch selbst mittelmässige Köpfe, wenn sie die Musik gründlich erlernt hätten, kaum wüssten, wo sie mit allen ihren Erfindungen hinsollten. „Allein das ist die natürliche Strafe der Verächter der Mathematik in der Musik!“ (Bd. II, Tl. l, S. 129, 130, Tl. 3, S. 67, Bd. III, S. 554.)

Es entspricht ganz der nüchternen Kunstauffassung Mizlers, wenn er zur Erlernung des Generalbasses eine „Maschine“ konstruiert