Seite:Die Anfänge des musikalischen Journalismus Seite 61.jpg

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besprechen, um an ihnen ein warnendes Beispiel zu geben (I. 53 ff., II. 342 ff. und 352).

Eine gediegene Kenntnis der praktischen Musiklitteratur und ein feines Gefühl für die Eigenart der verschiedenen Komponisten unterstützten Hiller wesentlich in seiner kritischen Thätigkeit. Dies zeigt sich z. B. in der Besprechung der Haydnschen Sinfonien[1] (Bd. IV, St. 5). Es sind dies sechs Sinfonien, die 1769 bei Bailleaux in Paris herauskamen. Von diesen sagt Hiller, dass sie gar nicht von ein und derselben Hand zu sein schienen, denn die 2. 3. und 4. hätten nichts von der originellen Manier Haydns. Die zweite sei grösstenteils eine misslungene und ekelhafte Nachahmung der Filzischen Manier. Da Hiller die Themen dieser Sinfonien angiebt, ist eine Vergleichung derselben mit den Sinfonien in Breitkopfs Katalogen möglich. Danach findet sich die erste Sinfonie dieser französischen Ausgabe in Breitkopfs Supplementkatalog I, 1766 als Nr. 1 einer Serie von sechs Haydn’schen Sinfonien, die fünfte als Nr. 1 einer Serie von vier Haydn’schen Sinfonien (Supplem. II, 1767). Die zweite Sinfonie der französischen Ausgabe, die Hiller für am wenigsten dem Haydn’schen Stile ähnlich erachtet, findet sich nicht unter Haydns Namen, sondern unter dem Namen Herffert (Suppl. Kat. II, 1767). Nebenbei bemerkt, zeichnen sich die ersten Pariser Stimmenausgaben von Haydn’schen Sinfonien der Firmen La Chevardière, Bailleaux und Mme. Berault, sowie die späteren von Sieler, Richault, Imbault, Pleyel und Le Duc durch grosse Fehlerhaftigkeit aus. Die zunehmende Beliebtheit des Komponisten vom „Stabat mater“ brachte es mit sich, dass unter Haydns Namen viele Tonwerke von Autoren zweiten und dritten Ranges verbreitet wurden. Erst 1810 liess Le Duc die ersten 26 französischen Partiturausgaben Haydn’scher Sinfonien erscheinen, aber auch vor diesen ist sehr zu warnen.

Wie seine Naturanlagen Hiller in so hervorragender Weise zur Kritik praktischer Musikwerke befähigten, so kamen ihm eine


  1. Haydn wird, nebenbei bemerkt, in der Litteratur zuerst bei Hiller erwähnt (Pohl, Joh. Haydn, Vorwort) und zwar als berühmter Sinfoniekomponist, sowie als Komponist für Kammermusiken (Bd. III, St. 11. 13. 14).