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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


sangen in der Freude über ihre Errettung „Kyrie eleison“ und die Andern, die herankamen antworteten ihnen einstimmig mit demselben Liede. Der König versah die Stadt mit einer Besatzung und behielt sie lange in seinem Besitze. Als späterhin Kizo nach Quidilingaburg sich begab, verlor er seine Stadt sammt seiner Gemahlin und seinen Dienstleuten. Alle diese erlangte er, mit Ausnahme der Stadt, nachher wieder. Es hatte sich nämlich daselbst einer seiner Ritter, Namens Bolibut, auf dessen Betrieb, obwohl er damals fern war, das Ganze so bewirkt war, zum Herrn aufgeworfen; Kizo aber, ward in der Folgezeit bei dem Versuche, in jener Gegend heimlich etwas zu unternehmen, tapfer kämpfend mit den Seinen erschlagen.


994. 16. Am 23. Juni 994 eilten, wie gesagt, meine drei Oheime, Heinrich, Udo und Sigifrid mit Ethelger und mehreren Anderen den Seeräubern, welche ihre Lande plünderten, zu Schiffe entgegen, und in dem darauf erfolgenden Kampfe ward dem Grafen Udo das Haupt vom Rumpfe gehauen, Heinrich aber und sein Bruder Sigifrid und Graf Ethelger mußten sich ergeben und wurden – es ist traurig zu erzählen! – von den schändlichen Menschen gefangen hinweggeführt. Dieser Unglücksfall ward durch das sich verbreitende Gerücht bald unter den Gläubigen Christi bekannt. Herzog Bernhard [von Sachsen], der ihnen zunächst wohnte, schickte sofort Abgeordnete an die Seeräuber, indem er ihnen Lösegeld anbot und um eine Unterredung zu friedlicher Uebereinkunft anhielt. Sie waren dazu bereit und verstanden sich zu einem festen Sühnvertrag, doch nur unter der Bedingung eines großen Lösegeldes. Wieviel aber zu demselben zuerst der König und dann in unserem Lande alle Christen mit freigebiger Güte, erfüllt von der Pflicht der Menschlichkeit, beigesteuert haben, vermag ich gar nicht aufzuzählen. Meine Mutter gab, von dem gewaltigen Schmerze im Innersten erschüttert, zur Befreiung ihrer Brüder alles her, was sie hatte oder irgendwie aufbringen konnte. Als aber die verruchte Piratenhorde den größten Theil des gesammelten Geldes, – ein

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/128&oldid=- (Version vom 19.2.2023)