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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


Heinrich [von Baiern], seinem nachmaligen Nachfolger, um Hülfe 1002 anhielten. Dieser aber, der letzten Mahnungen seines Vaters, der, wie er, Heinrich hieß und in Gandersheim starb und begraben liegt, eingedenk und stets dem Kaiser in jeder Beziehung treu, gab ihnen durchaus kein Gehör. Der Kaiser, der dies sofort erfuhr und mit geduldigem Sinne ertrug, erkrankte in Paterno[1], indem Pusteln die inneren Theile seines Körpers besetzten und hin und wieder hervorbrachen. Heiteren Aussehens schied er, ausgezeichnet treu im Glauben am 24. Januar aus dieser Welt; er, die Zierde des römischen Reiches, die Seinen in unverwindlicher Trauer hinterlassend, denn niemand war zu seiner Zeit freigebiger und milder, als er. Der da ist das A und das O (Offenb. 1, 8) erbarme sich seiner; er verleihe ihm für das Kleine das Große, für das Zeitliche das Ewige.


31. Die aber bei seinem Tode anwesend waren, hielten denselben so lange geheim, bis das überall zerstreute Heer durch Boten zusammengerufen war. Darauf geleiteten die trauernden Schaaren des geliebten Herrschers Leiche, hatten aber sieben Tage nach einander unaufhörliche Angriffe zu bestehe, und die Feinde ließen ihnen durchaus keine Ruhe, bis sie nach Bern[2] kamen. Als sie, von da weiterziehend, Pollingun[3], eine Besitzung des Bischofs Sigifrid von Augsburg, erreichten, wurden sie vom Herzoge Heinrich empfangen, und ihr Gemüth durch dessen Thränen wiederum auf’s schmerzlichste bewegt. Heinrich aber ersuchte sie Mann für Mann unter vielen Versprechungen, daß sie ihn doch zu ihrem Herrn und König erwählen möchten. Auch nahm er den kaiserlichen Leichnam sammt dem ganzen Herrscherschmucke zu sich, nur die Lanze ausgenommen, welche Erzbischof Heribert heimlich voraufgeschickt und für sich behalten hatte. Nachdem der Erzbischof jedoch eine Zeitlang in Haft gewesen war, ward ihm verstattet, mit Hinterlassung seines Bruders als Geisel abzureisen,

  1. Burg am Berge Soracte, 4 Meilen vom Rom entfernt.
  2. Bern, auch Wälsch-Bern, der deutsche Name für Verona.
  3. Polling an der Ammer in Baiern.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/147&oldid=- (Version vom 25.9.2023)