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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1002 Zug erzählen: er konnte keine einzige Stunde ohne Trunk sein. Bolizlav aber kam, indem er den einzigen Weg zur Flucht, der ihm offen blieb, einschlug, zum Markgrafen Heinrich, der damals sein nächster Nachbar war, ward aber von demselben wegen früher erlittener Kränkungen zuerst als Gefangener behandelt, dann jedoch, weil er doch als Gast zu ihm gekommen war, freigelassen; da kam er, getrieben von der Liebe zum Leben zu Herzog Bolizlav [von Polen], dem Sohne seiner Muhme, welcher ihm an Lastern, nicht aber an Vermögen gleich kam. Wlodowej aber, der verständiger handelte, reiste zum Könige, der noch zu Regensburg verweilte, und huldigte demselben, indem er sich ihm demüthig unterwarf und ihm Treue gelobte; darum verlieh ihm derselbe was er begehrte, und er kehrte, in jeder Beziehung liebreich behandelt, in gutem Frieden heim.


16. Während dieser Vorfälle besetzte Hartwig[1], dessen ich bereits früher erwähnte, der Heinrichs Glück mit Aufmerksamkeit verfolgte, in Erwartung seiner Ankunft alle Pässe der Lombardei, welche die Eingebornen Clausen nennen, mit wachsamer Mannschaft. Hartwig aber unterließ nicht, diejenigen, die wie ich oben erzählt habe, seine Wahl eingeleitet und begünstigt hatten, zu behandeln wie sie’s verdienten[2]. Zu diesen gehörte der Bischof von Brescia. Als dieser einmal eine ihm mißfällige Aeußerung machte, ergriff er ihn bei den Haaren und warf ihn wie einen Bauerknecht zu Boden: so zeigte er Allen seinen zügellosen Jähzorn. Doch was versuche ich ihn nach seinen einzelnen Lastern zu schildern, da es in seinem Reiche und Volke offenbar ist, welch ein Schwall von Gottlosigkeit ihn zu solchen Verbrechen, wie er sie verübte, frech genug gemacht hat? Darum bereuten einige ihm untergebene Große was sie begangen hatten, und baten durch Boten und Sendschreiben Heinrich, zu ihrem Schutze zu kommen oder ihnen, wenn er von anderen Geschäften festgehalten werde, doch seine Fürsten

  1. Arduin von Ivrea, s. oben IV, 34.
  2. Von Thietmar mit Bezug auf das, was er von Arduins Wahl IV, 34 erzählt hat, ironisch gemeint.
Empfohlene Zitierweise:
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/188&oldid=- (Version vom 29.9.2023)