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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1012 Gebehard, der Bischof der Kirche von Regensburg, von seinem Erzbischofe getadelt und der Bischof von Metz, Thiedrich, vom Könige hart angelassen wurde, weil er ihn beim Papste in einem Sendschreiben ungerechter Weise verklagt habe. Dies alles aber und noch manches andere, ward nach verständigem Rathschlusse beigelegt. Damals ward mir auch die Wiederherstellung meines Sprengels versprochen.


41. Nachdem der König in Ostfranken alle nothwendigen Anordnungen getroffen, besuchte er wieder Merseburg, wo er das heilige Pfingstfest beging. Da traf es sich, daß früh am Morgen des Sonntags [1. Juni] an dem die Apostel „voll wurden des heiligen Geistes“ der Erzbischof Tagino erkrankte und die Messe nicht lesen konnte. Darum ward ich Unwürdiger angewiesen, in dieser Amtsverrichtung für ihn einzutreten. Am anderen Tage fühlte sich der Erzbischof wieder ziemlich stark, und indem er sich zu Fuße zum Könige begab, bewegte er sich viel hin und her. Darnach aber ward er so schwach, daß er ohne fremde Hülfe gar nichts mehr thun konnte. Da ließ er meinen Bruder, den Abt Sigifrid [von St. Johann bei Magdeburg], und den Bischof Erich [von Havelberg] rufen und beichtete denselben. Am Donnerstage [5. Juni] aber beschloß er Merseburg zu verlassen; er ließ sich deshalb in einer Sänfte in des Königs Gemach tragen, und dort redete er, seinen Hut abnehmend, also den noch schlafenden König an: „Gott der Allmächtige verleihe dir, mein hochgeliebter Herr, den Lohn, den du für all dein Erbarmen, für alle Güte, womit du mich, den Fremdling, bisher beglückt und erhoben hast, im reichsten Maße verdienst.“ Dann ließ er sich in die Kirche bringen und hörte dort die Messe, indem er den Anwesenden noch selbst den Segen ertheilte. Von da ward er in’s Schiff getragen und so nach Ivicansten [Giebichenstein] gebracht. Dort rastete er am Sonnabend und kam dann am Sonntage bei seiner Burg Spiutni[1] zu Schiffe an. Am Montage aber ließ er, nachdem er beinahe schon

  1. Liegt an der Saale, nördlich von Giebichenstein; es ist das heutige Rothenburg.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/259&oldid=- (Version vom 2.10.2023)