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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1012 verstreut wurde. Denn er saß auf dem erzbischöflichen Stuhle nur sieben Wochen und zwei Tage.


47. Das alles habe ich darum gesagt, damit über des Verstorbenen schnellen Tod weder öffentlich noch insgeheim, sich jemand verwundern, oder gar denselben seiner eigenen Schuld beimessen sollte, weil vor ihm Manche dreißig Jahre lang Erzbischöfe gewesen sind, die weder hienieden, noch jenseits größeres Verdienst sich erworben haben, als er. Wehe denen, die auf dieser Pilgerfahrt lange einherwandeln und diese Zeit durch schlimmes Thun verlieren; wohl aber denen, welche die ihnen vergönnten Lebenstage mit sorglichem Eifer im Dienste Christi hinbringen! Die schlecht handeln, vergrößern nur je mehr ihre Strafe, je länger sie leben; diejenigen dagegen, denen ihr irdisches Dasein abgekürzt wird, büßen schnell das Begangene ab. Alle Guten aber sind, wenn sie auch dem Leibe nach nicht alle ein gleich langes Leben haben, doch gleichen Glückes in der Ewigkeit theilhaftig. Uebrigens war Waltherd auch nicht der Erste, der nur so kurze Zeit ein neu erlangtes Amt bekleidete. Wir lesen, daß Tertulinus[1] vier Tage nachdem er vom Papste St. Stephanus die Presbyterwürde erhalten hatte, ob seiner Liebe zu Christo und Festigkeit im Glauben von einem Tyrannen dem Märtyrertode geweiht sei, und so wird er nun in beiderlei Stande beständig unvergessen sein.

Waltherd nun büßte seine Sünden ab und empfing in kurzer Zeit von Gott für seine tugendreichen Mühen seinen Lohn, wie das gar Vielen sofort offenbar wurde. Doch das alles zu erzählen, würde sehr weit führen; was aber in dieser Beziehung mir selbst widerfahren ist, will ich, Gott ist mein Zeuge daß ich nicht lüge, berichten.

Ich befand mich mit der Besatzung zu Misni [Meißen], als mir am Tage der Apostel Simon und Judas nach der Frühmesse im Traume jener ehrwürdige Mann erschien; da ich nun den

  1. Tertullinus oder Tertullianus, ein römischer Priester, starb ungefähr im J. 220, am 4. August.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/272&oldid=- (Version vom 3.10.2023)