Seite:Die Edda (1876).djvu/014

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Anonym: Edda

Urd heißt die eine,   die andre Werdandi:
Sie schnitten Stäbe;   Skuld hieß die dritte.
Sie legten Looße,   das Leben bestimmten sie
Den Geschlechtern der Menschen,   das Schicksal verkündend.

21
Allein saß sie außen,   da der Alte kam,

Der grübelnde Ase,   und ihr ins Auge sah.
Warum fragt ihr mich?   was erforscht ihr mich?
Alles weiß ich, Odhin,   wo du dein Auge bargst:

22
In der vielbekannten   Quelle Mimirs.

Meth trinkt Mimir   allmorgentlich
Aus Walvaters Pfand!   wißt ihr was das bedeutet?15

23
Ihr gab Heervater   Halsband und Ringe

Für goldene Sprüche   und spähenden Sinn.
Denn weit und breit sah sie   über die Welten all.

24
Ich sah Walküren36   weither kommen,

Bereit zu reiten   zum Rath der Götter.
Skuld hielt den Schild,   Skögul war die andre,
Gunn, Hilde, Göndul   und Geirskögul.
Hier nun habt ihr   Herians Mädchen,
Die als Walküren   die Welt durchreiten.

25
Da wurde Mord   in der Welt zuerst,

Da sie mit Geeren   Gulweig (die Goldkraft) stießen,
In des Hohen Halle   die helle brannten.
Dreimal verbrannt   ist sie dreimal geboren,
Oft, unselten,   doch ist sie am Leben.

26
Heid hieß man sie   wohin sie kam,

Wohlredende Wala   zähmte sie Wölfe.
Sudkunst konnte sie,   Seelenheil raubte sie,
Übler Leute   Liebling allezeit.

27
Da42 gingen die Berather   zu den Richterstühlen,

Hochheilge Götter   hielten Rath,

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/014&oldid=- (Version vom 31.7.2018)