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Anonym: Edda

20. Helgakvidha Hundingsbana önnur.
Das andere Lied von Helgi dem Hundingstödter.
I.

König Sigmund, Wölsungs Sohn, hatte Borghilden von Bralundr zur Frau. Sie nannten ihren Sohn Helgi und zwar nach Helgi, Hiörwards Sohne. Den Helgi erzog Hagal. Hunding hieß ein mächtiger König; nach ihm ist Hundland genannt. Er war ein großer Kriegsmann und hatte viel Söhne, die bei der Heerfahrt waren. Unfriede und Feindschaft war zwischen den Königen Hunding und Sigmund: sie erschlugen einander die Freunde. König Sigmund und seine Nachkommen hießen Wölsungen und Ülfinge (Wölfinge). Helgi fuhr aus und spähte insgeheim an Hundings Hofe. Häming, König Hundings Sohn, war daheim. Als aber Helgi fortzog, begegnete er einem Hirtenbuben und sprach:


1
Sag du dem Häming,   daß es Helgi war,

Den in das Eisenhemd   Männer hüllten,
Den ihr im Hause   wolfsgrau hattet,
Als ihn für Hamal   Hunding ansah.


Hamal hieß der Sohn Hagals. König Hunding sandte Männer zu Hagal, den Helgi zu suchen, und Helgi, da er nicht anders entrinnen konnte, zog die Kleider einer Magd an und ging in die Mühle. Sie suchten den Helgi und fanden ihn nicht. Da sprach Blindr, der unheilvolle:


2
„Scharf sind die Augen   der Schaffnerin Hagals,

Nicht gemeinen Mannes Kind   steht an der Mühle:
Die Steine brechen,   die Mühle zerspringt.
Ein hartes Looß hat   der Held ergriffen,
Da hier ein König   Gerste malen muß.
Beßer stünde   so starker Hand wohl
Des Schwertes Griff   als die Mandelstange.“

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/158&oldid=- (Version vom 31.7.2018)