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Seite:Die Edda (1876).djvu/216

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Anonym: Edda

31. Gudhrûnarkvidha önnur.
Das andere Gudrunenlied.

König Dietrich war bei Atli und hatte dort die meisten seiner Mannen verloren. Dietrich und Gudrun klagten einander ihr Leid. Sie sprach zu ihm und sang:


1
Die Maid der Maide   erzog mich die Mutter

Im leuchtenden Saal.   Ich liebte die Brüder,
Bis mich Giuki   mit Gold bereifte,
Mit Gold bereifte   und Sigurden gab.

2
So war Sigurd   bei den Söhnen Giukis

Wie über Halme   sich hebt edler Lauch,
Wie hoch der Hirsch ragt   über Hasen und Füchse
Und glutrothes Gold scheint   über graues Silber.

3
Bis mir nicht gönnen   mochten die Brüder

Den Helden zu haben,   den hehrsten aller.
Sie mochten nicht ruhen,   nicht richten und schlichten
Bis sie Sigurden   erschlagen ließen.

4
Vom Thinge traurig   traben hört ich Grani;

Sigurden selber   sah ich nicht.
Alle Rosse waren   roth von Blut
Und in Schweiß geschlagen   von den Schächern.[WS 1]

5
Gramvoll ging ich   mit Grani reden,

Befragte das Pferd   mit der feuchten Wange;
Da senkte Grani   ins Gras das Haupt:
Wohl wuste der Hengst,   sein Herr sei todt.

6
Lange zaudert’ ich,   zweifelte lange

Bevor ich den Volkshirten   frug nach dem König.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Schächer – Räuber, Mörder (DWB)
Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/216&oldid=- (Version vom 31.7.2018)