Anonym: Edda | |
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Brynhild kein anderes Motiv übrig, Sigurds Tod zu suchen als Eifersucht (Str. 8) und Herschsucht (Str. 11): daß sie ihn für ihre preisgegebene Ehre im Kampf mit unerloschener Liebe forderte und zu fordern genöthigt war; daß sie mit der eisernen Strenge ihrer Sinnesart nichts anerkennt als ihre Verlobung mit Sigurd, zu welcher die Vermählung, obgleich mit zwischengelegtem Schwerte (Str. 65) hinzugetreten war; daß sie sich als sein Gemahl betrachtet, und als seine Gattin mit ihm verbrannt sein will: das Alles finden wir hier nicht ausgedrückt, und was sie nach Str. 40 zum Selbstmord bestimmte: daß ein edelgeartetes Weib mit fremdem, ungeliebten Manne nicht leben solle, das hätte sie bedenken müßen ehe sie sich aus den angegebenen Beweggründen Gunnarn vermählte. Vortrefflich sind dagegen die nun folgenden Theile des Liedes, Högnis starke Äußerung gegen Brynhild Str. 44, ihre Selbstopferung und die Austheilung der Schätze unter die Diener, die ihr Leichengefolge bilden sollen Str. 45–50. Dieß und der Schluß des Liedes von Str. 62 an mag wie gesagt aus dem alten kürzern Liede übrig sein. Zweifelhaft bleibt die Echtheit der Weißagung Str. 51–61, wenigstens ist die Erwähnung Oddruns St. 56, die schwerlich alter Sage angehört, bedenklich; die Ankündigung von Gudruns dritter Vermählung giebt uns weniger Anstoß, da wir die beiden Lieder, die diesen Theil der Sage behandeln, für älter halten als man anzunehmen pflegt. So dürfen wir dem Urtheile W. Grimms beipflichten, daß Brynhilds letzte Rede, die Anordnung ihrer und Sigurds Leichenfeierlichkeit, und die Prophezeiung, womit sie endigt, einen vollkommen tragischen Eindruck hinterlaßen.
Schönheit und Echtheit dieses Liedes möchten wir nicht in Zweifel ziehen. Die Ähnlichkeit mit Baldurs Bestattung D. 49 ist nicht so in die Augen fallend, daß es seinem Ansehen schaden könnte, wenn auch die Göttersage hier auf ein Heldenlied eingewirkt hätte; der Widerspruch aber mit dem vorigen Liede, wonach nur Ein Scheiterhaufen gemacht und Brynhild an Sigurds Seite verbrannt wurde, ist unbedeutend und trifft nur die Einleitung. Zuletzt fragte es sich auch noch ob selbst die echten Theile des vorhergehenden das Alter des gegenwärtigen Liedes erreichen. Die acht Nächte, welche Brynhild nach Str. 12 neben Sigurd gelegen hat, stimmen allerdings weder mit Gripisspa 43, noch mit Wölsungas. c. 26, welche nur drei Nächte annehmen; aber was ist mit so jungen Zeugnissen gegen das eingeständlich ältere Lied auszurichten? Das Einzige, was Verdacht erregen könnte, ist die Erwähnung des Pflegers Str. 11, den man, vielleicht nicht
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 438. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/446&oldid=- (Version vom 31.7.2018)