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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871)

zurückgesprengt, in Staubwolken gehüllt. Glücklicher war der Fürst mit den in Arabien gekauften Pferden gewesen, weil sie schon in der Heimath an Strapazen und Entbehrungen gewöhnt worden waren. Wie der Fürst uns bei unserem Besuche erzählte, pflegten sie die Nacht im Freien zuzubringen, an Stangen gefesselt, und ohne je in einen Stall zu kommen. Mit ihnen und den aus England bezogenen Vollblutpferden hat er seiner Zeit dem Hofe in Weimar großartige Wettrennen gegeben. Er pries die Güte der ersteren noch heute und meinte, daß sie in Arabien für ihn kaum den fünften Theil des Werthes gehabt hätten, wie sie im Occident bezahlt zu werden pflegten. Aber er hatte auch sie nach und nach verloren. – „Es blieb mir nur eine Stute übrig,“ fuhr der Fürst fort und ein Schatten von Trauer ging über sein Gesicht, „das war meine brave Adschameh, die ich hier habe erstechen lassen müssen – Sie werden Ihr Denkmal unten im Park finden; ihr Stammbaum wurde von ihrem früheren Besitzer bis auf die Stuten Mohammed’s zurückverlegt. – Das war das schönste Pferd, welches ich je besessen habe – gesehen und gekauft aber habe ich einmal ein noch schöneres. Das war in Arabien bei folgender Gelegenheit: ich hielt mich gerade damals bei einem Stamm auf, dessen Fürst ein außerordentlich einflußreicher Mann war. Er hatte mir kurz vor meinem Scheiden sehr werthvolle Geschenke gemacht und ich wollte deshalb meinen sonst üblichen Etat für Gegengeschenke überschreiten Aber ich war verlegen in der Wahl, der Fürst besaß Alles, worauf ich dachte. Da half ich mir, indem ich seinen vertrautesten Diener zu Rathe zog; er sagte mir, sein Herr sehne sich nur noch nach einem Gegenstande auf der Welt, nach einer weißen Stute im Besitze eines andern Fürsten in dieser Gegend, der aber selbst zu stolz auf den Besitz jenes Pferdes sei, das man für einen unvermischten Abkömmling der Rosse des großen Propheten halte; sein Herr handle schon Jahre lang um dieses Pferd, aber es sei nicht feil, und so oft desselben Erwähnung geschehe, verdüstere sich sein Antlitz. – Als ich einige Tage später weiterzog, ließ ich dem Fürsten jene weiße Stute am rothen Halfter vorführen. Was er dazu sagte, kann ich in unserer Sprache nicht wiedergeben. Aber ich hatte auch eine enorme Summe von Geld und Ueberredung dazu aufwenden müssen, das Thier zu bekommen.“

Als der Fürst wieder einmal auf den Lord Byron zu sprechen kam, sagte er, er halte ihn nächst Shakespeare für den größten Dichter Englands. Er stellte seinen „The corsar“ hinsichts der Plastik neben das beste Werk Goethe’s, und war empört, daß ihm seine Landsleute selbst heute noch nicht seinen wohlverdienten Platz im Pantheon gönnten.

Auch die Staël hatte er in Paris kennengelernt. Er stellte sie der Lady Stanhope in geistiger Beziehung an die Seite, welche der ersteren aber an schlagfertigem Witz und Sarkasmus überlegen gewesen sei. – „Ich dinirte einmal bei der Stanhope,“ erzählte er, „zu gleicher Zeit mit einem geistreichen, etwas eingebildeten französischen Dichter, welcher die Gewohnheit hatte, den Kopf etwas schief zu tragen. Die Stanhope redete ihn im Scherz darauf an; er entgegnete: ‚Wissen Sie nicht, daß Alexander der Große den Kopf ebenso trug?‘ – ‚Das kann sein,‘ erwiderte sie sofort, ‚doch ich habe dieselbe Eigenschaft auch bei den spanischen Maulthiertreibern gefunden, aber diese hatten wenigstens einen Grund dazu, denn sie mußten sich öfter nach ihren Thieren umsehen!‘ – Der Dichter biß sich in die Lippe und schwieg.“

Bei Vergleichen anderer Schriftstellerinnen mit den deutschen blieb der Fürst länger bei der [[[E. Marlitt|Marlitt]] stehen, von der er einige Novellen in der „Gartenlaube“ gelesen hatte. Er wünschte sehr, die interessante Dame kennen zu lernen. „Ihre Charakterzeichnungen,“ meinte er, „documentiren ein seltenes Menschenstudium und ihre Schilderungen der Versöhnung des schulgebildeten, der Natur entfremdeten Mannes mit der letzteren durch die Liebe des Weibes sind überraschend schön.“

Aus der Zeit der Jugendblüthe des Fürsten sind eine Menge von Scherzen im Volksmunde, welche von dem heitern Sinn des Fürsten, wie von seiner Wagehalsigkeit und endlich von manchem guten Einfall zur rechten Zeit Zeugniß geben. So fuhr er einmal einen ehrwürdigen geistlichen Herrn im Muskauer Park spazieren, als ein Platzregen kam und Beide vollständig durchnäßte. Den Fürsten incommodirte dies wenig, der Andere jammerte. Aber der Fürst wußte Rath. Er fuhr bei einem seiner Förster vor und überredete seinen Begleiter, sich zu entkleiden und, da ein entsprechender männlicher Anzug nicht aufzutreiben war, eine Sonntagsrobe der Frau Försterin anzulegen während aber die nassen Sachen trockneten, sich wieder mit auf den Wagen zu setzen und, um einem Katarrh oder Schnupfen vorzubeugen, in der wieder warm scheinenden Sonne weiter in dem Park spazieren zu fahren, wo er ja von Niemand gesehen würde. Der geistliche Herr war bereit. Kaum waren sie aber eine Strecke von dem Försterhause entfernt, da ließ der Fürst plötzlich den Pferden die Zügel schießen und fuhr, trotz aller Bitten seines Begleiters, mit diesem in die Stadt hinein und einige Male um die Kirche herum, worauf er denn zum andern Ende der Stadt wieder hinaus und auf Umwegen nach dem Försterhause zurücklenkte, wo die durchnäßten Sachen inzwischen denn auch wirklich trocken geworden waren.

Einen andern Scherz erzählte der Fürst selbst: „Als ich in Dresden diente, hatte ich eine Menge heiterer Cameraden. Dresden ist sehr schön und bot damals schon genug Amüsements; wie es aber in der Jugend kommt, daß man zu allerlei pikanten Dingen aufgelegt zu sein pflegt, so ging es auch uns. Nun hatten wir Kenntniß davon erhalten, daß eine etwas heruntergekommene Schauspielertruppe auf einem Dorfe ein paar Meilen ab gastire. Wir ritten also eines Tages hinüber. Da fanden wir denn ein so drolliges Völkchen beisammen, dem es zwar nicht an gutem Willen, desto mehr aber an Geld und ausreichenden Kräften gebrach, daß wir mit dem Director einen förmlichen Pact schlossen, hin und wieder an gewissen Tagen und zur Aufführung gewisser drastischer Stücke wiederzukommen und auf der Bühne thätig mitzuwirken. Das geschah auch einige Mal. Ich vergesse diese Stunden in meinem Leben nicht, wie wir inkognito dort Schauerdramen aufgeführt haben und dann nach einem mit den gesammten Thespisjüngern eingenommenen Mahle des Nachts im besten Frohsinn nach Dresden zurückgeritten sind.“

Ja selbst aus Weimar noch wird ein lustiger Einfall erzählt, den der Fürst dort in Scene setzte. Er hatte einst – gewiß absichtslos – zu einem Hofball keine Einladung erhalten. Im besten Wetter stellten sich die Glücklicheren ein. Da zieht gegen Abend ein Gewitter herauf. Der Regen gießt in Strömen es ist nicht abzusehen, ob es heut überhaupt noch aufhören wird. Der Ball ist zu Ende. Die Damen in elegantester Toilette treten aus dem Corridor in die Säulenhalle: – Hu – aber zum Glück stehen ja eine Menge Miethskutschen da! – Man athmet leichter – halt, Kutscher, hierher! – Besetzt! lautet die Antwort und – besetzt! die der sämmtlichen Kutscher. – Der Fürst hatte sie sämmtlich zu seinem Gebrauch miethen lassen.

Wie der Fürst in seinen jüngeren Jahren ein Meister in allen ritterlichen Uebungen war, so war er es auch als Schütze. Namentlich von seiner Fertigkeit im Pistolenschießen erzählt man sich halbe Wunder. So, daß er eines Tages einem Gärtnerburschen, der seine Ruhepause etwas gar zu lange ausdehnte und den Kopf träge auf seinen Spaten gestützt hatte, diesen auf eine bedeutende Entfernung vom Fenster aus unter dem Kinn fortschoß, und in gleicher Veranlassung einem ähnlichen Arbeiter, der auf einer Leiter am Weingerank stand, den Absatz vom Stiefel. Als einmal hierauf angespielt wurde, versetzte der Fürst:

„Nun ja, ich hatte eine gewisse Fertigkeit darin. Wenn ich einmal eingeschossen war, konnte ich fast mit Bestimmtheit auf meine Sicherheit wetten, nicht bloß in der Ruhe, sondern auch zu Pferde. Ich habe in Afrika Parforcejagden auf Schweine, sowie anderes Wild, mitgemacht, bei denen die Eingeborenen lange Flinten führten, während ich nur mit Pistolen versehen war. Als ich damit die erste Sau niederschoß, wunderten sich die Andern; sie hielten das gar nicht für möglich. Als ich aber ein ander Mal (es mag der Zufall mitgespielt haben) mit derselben Waffe einen Vogel aus der Luft herabschoß, waren sie nahe daran, mich für einen Zauberer oder ein übernatürliches Wesen zu halten. – Aber,“ fuhr der Fürst fort, „ich hatte einen Vetter, der mich darin doch noch übertraf; er konnte neunmal unter zehn dafür garantiren, daß er meine Kugel mit der seinigen deckte.“

Bei dieser Gelegenheit kam er auf etwas Naheliegendes – seine Duelle.

„Ich hatte vier auf Pistolen und acht auf Säbel,“ ließ er sich aus, „mir waren Duelle, wie alle andere Gefahren angenehme Aufregungen. Nicht, daß ich sie gerade gesucht hätte, aber ich habe auch keins durch Nachgiebigkeit vorher beigelegt. Zum Glück

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Leipzig: Ernst Keil, 1871, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_181.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2020)